Transkript

Morbus Bechterew ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die einer dauerhaften Therapie bedarf. Sind PatientInnen mit Morbus Bechterew anfälliger für eine COVID-19-Erkrankung? Kann eine Corona-Infektion die Grunderkrankung verschlimmern? Ergeben sich im Falle einer COVID-19-Erkrankung bei Morbus Bechterew besondere Herausforderungen für die Behandlung? Hierzu und zu weiteren wichtigen Aspekten spricht in ihrem Vortrag Dr.in Maya Thun, Fachärztin für Innere Medizin mit einem Schwerpunkt Rheumatische Erkrankungen.

Begrüßung

Herzliches Grüß Gott und Servus aus Wien. Mein Name ist Maya Thun. Willkommen zu den virtuellen Patiententagen. Mein Name ist Maya Thun. Ich bin Internistin. Ich betreue Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen in meiner Praxis, aber nicht nur in meiner Praxis, sondern auch im Krankenhaus. Ich werde im Rahmen meines Vortrages Ihnen neue Erkenntnisse zum Coronavirus bei Morbus Bechterew bringen. Und im Anschluss an meinen Vortrag werde ich auch einige Fragen beantworten.

Aktuelles zu Coronavirus + Morbus Bechterew

Nun zu dem aktuellen Wissensstand bezüglich Coronavirus und Morbus Bechterew. Wie ist die Situation für Bechterew-Patienten heute? Die Pandemie hat uns neue Herausforderungen gebracht.

Patienten Arzt

Nicht nur Unsicherheit, Angst beeinträchtigen Patienten und Ärzte,
sie führen auch zu einer eingeschränkten Versorgung, eine eingeschränkte, reduzierte Behandlung, die Betreuung von rheumatologischen Patienten, auch Morbus Bechterew-Patienten ist vermindert.
Warum? Einerseits wegen des Lockdowns, wegen derAusgangsbeschränkungen: Patienten suchten den Arzt weniger auf
Unterschiedliche Daten berichten über einen Rückgang an Konsultationen von mehr als 50 Prozent; obwohl auch in Österreich Ordinationen bzw. Praxis offen gebliebensind, kam es zu einem Rückgang der Konsultationen.
Als Alternativen wurden diesbezüglich Telefonvisiten angeboten, die aber nur teilweise in Anspruch genommen wurden.
Die Angst, die Unsicherheit bezüglich einer Covid-Infektion der bestehenden Grunderkrankung des Morbus Bechterews und der Therapie führten zu einem oft vorzeitigen Absetzen oder Pausieren von Medikamenten. Man spricht im medizinischen Bereich von einer Non-Compliance. Diese Non-Compliance stieg im Rahmen der Covid-Pandemie deutlich an und führte daraufhin auch natürlich zu einer Verschlechterung der Krankheitssituation der betroffenen Patienten, zu einerKrankheitsaktivitätssteigerung, zu einem Schub.

Wie ist das Risiko für eine Covid-Infektion bei Bechterew-PatientInnen?

Nun, warum fühlen sich Patienten unsicher? Warum setzen Patienten Medikamente frühzeitig ab? Und warum suchen Patienten Ärzte weniger im Rahmen dieser Pandemie auf?Natürlich aufgrund der Angst, der Unsicherheit, die verstärkt wird. Man hat Angst vor einer Covid-Infektion. Ist nun das Risiko für Bechterew-Patienten nun wirklich höher?

Dokumentation mittels Register

Am Anfang der Pandemie konnten wir diesbezüglich keine wirkliche Aussage machen. Warum? Weil wir keine Erfahrung hatten. Deshalb waren wir als Ärzte, als rheumatologischtätige Ärzte aufgefordert, Patienten zu dokumentieren, Patienten mit rheumatischen Erkrankungen zu dokumentieren, die eine Covid-Infektion erlitten haben. Es wurden von den Gesellschaften, Österreichische Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie sogenannte Register ins Leben gerufen, wo wir Patienten und Patientendaten natürlich anonymisiert eintragen. Warum? Um die aktuelle Situation der Corona-Krise auf valide und evidenzbasierte Daten zu erfassen. Wichtig war, das alles zu dokumentieren, um eben diese Informationen aus Kliniken wie auch niedergelassenen Ordinationen, Praxen systemisch zu erfassen, dann auszuwerten und dadurch dann auch Wissen zu rekrutieren.

April 2020

Anfang April — die Empfehlungen basieren nur auf Erfahrungen von anderen Infektionen. Deshalb erhielten wir die Informationen von Gesellschaften dahingehend, dass ein Risikofaktor für Infektionen bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen wie Morbus Bechterew-Patienten gewisse Risikofaktoren das Risiko erhöhen. Das war natürlich

das höhere Lebensalter,
die Multi-Morbidität, das heißt, viele Erkrankungen, wenn Patienten mit dramatischen Grunderkrankung noch zusätzlich andere Erkrankungen haben, wie Lungenerkrankungen oder Zuckerkrankheit,
oder wenn sie in der Anamnese auch schon einmal eine schwere Infektion haben,

dann erhöht sich das Risiko für eine Infektion.

Aber natürlich wurde damals noch angenommen,

dass auch Basis Medikamente wie Disease ModifyingAnti-Rheumatic Drug, abgekürzt als DMARD, und andere Immunsuppressiva das Risiko erhöhen. Ausgenommen wurde Hydroxychloroquin undSulfasalazin.
Dass auch eine Dauertherapie mit Glucocorticoiden diesbezüglich das Risiko erhöht.
Aber auch darauf hingewiesen, dass die hohe Aktivität von rheumatischen Erkrankungen das Infektionsrisiko erhöht und auch Blutbildveränderungen wie verminderte weiße Blutzellen Leukozytopenie.

Das wurde noch April 2020 am Anfang der Pandemie hervorgehoben. Aufgrund der in der Zwischenzeit erhobenen Daten von Registern in Österreich, Deutschland und Schweiz konnten wir nun die Angst nehmen, dass eine Basistherapie bei rheumatischen Erkrankungen, diese sogenannten DMARD-Therapeutika oder Biologicals das Risiko erhöhen. Diese Angst konnte nun aufgrund der Datenlage genommen werden.

Therapie des Morbus Bechterew (SPA)

Die Medikamente, die wir im Bechterew ja eben einsetzen, sind ja Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen. Nicht nur das, wir verwenden auch nicht-steroidale Antirheumatika, im unteren Bereich sichtbar. Bei peripherer Gelenksbeteiligung, bei Psoriasis-Arthritis wird oft auch Sulfasalazin eingenommen, lokal Glukokortikoide mit Infiltrationen appliziert. Natürlich Physiotherapie ist auch eine zusätzliche therapeutische Komponente. Aber in gewissen Fällen, werden Biologicals, sogenannte bDMARDsverwendet. Hier kennen wir TNF-Blocker und Interleukin-17-Antagonisten. Und diese Medikamente, die werden ja subkutan appliziert, TNF-Blocker und Interleukin, sehen wir hier im rechten oberen Bereich, beeinflussen das Immunsystem. Das ist ja ihre Wirkung. So wirkt es auf die Wirbelsäule und hemmt die Entzündung und beeinflusst die Erkrankung. Deshalb wurde im Vorfeld angenommen, dass möglicherweise auch damit das Infektionsrisiko bezüglich einer Covid-Infektion gesteigert wird.

Risiko für Covid-Infektionen I

Aufgrund aber der Datenlage wissen wir, dass nun einerseits per se die Grunderkrankung der Morbus Bechterewgrundsätzlich kein erhöhtes Risiko implementiert. Das heißt: Grundsätzlich besteht kein erhöhtes Risiko für eine Covid-19-Infektion bei Patienten mit Morbus Bechterew. Diese Angst oder Unsicherheit können wir aufgrund der derzeit bestehenden Datenlage aufräumen.

Risiko für Covid-Infektionen II

Insbesondere, dass der Morbus Bechterew, also Morbus-Bech-Patienten, die unter einer Biological-Therapie stehen, also TNF-Blocker und Interleukin-17, haben keinen schweren Verlauf, wenn sie eine Covid-Infektion haben. Man sieht aus der Datenlage, die weltweit erhoben wurde, hier haben wir sehr viel Daten aus Amerika, USA, auch Italien und Spanien haben wir auch diesbezüglich Daten erheben können.

Diese Patienten kommen nicht häufiger auf einer Intensivstation im Vergleich zur Normalbevölkerung
oder verstarben nicht häufiger als Patienten, die keine Biological-Therapie haben oder die nicht Morbus Bechterew als Grunderkrankung haben.

Das heißt: Das Risiko für eine Covid-Infektion ist nicht anders, aber auch die Therapie verstärkt auch nicht den Krankheitsverlauf. Auch diese Angst konnten wir nehmen.

Risiko für Covid-Infektionen III: Bei hoher Krankheitsaktivität

Aber was ganz wichtig ist und was ich gerne hervorheben möchte ist, dass eine hohe Krankheitsaktivität, das heißt eine nicht kontrollierte Erkrankung, durchaus das Risiko erhöht. Das heißt: Das gilt zu verhindern, dass ein Patient eine hohe Krankheitsaktivität hat. Das heißt: Bechterew- Patienten gehören betreut und gehören ausreichend behandelt. Dadurch ist auch das dann das Risiko nicht erhöht. Es gelten aber auch alle anderen Risikofaktoren für eine Infektion wie bei der Allgemeinbevölkerung, d. h. beim Vorliegen von bestimmten Risikofaktoren ist eine Covid-Infektion erhöht und das Risiko eines schweren Verlaufs.

Das ist insbesondere das Alter.
Dann zusätzliche Erkrankungen wie interstitielle Lungenerkrankung, COPD und Asthma,
eine arterielle Hypertonie,
dann Nierenerkrankungen,
dann Blutbildveränderungen wie Neutropenie, das heißt, das besondere weiße Blutzellen nicht so häufig vorhanden sind, also niedrig vorhanden sind. Dadurch ist das Immunsystem geschwächt. Das erhöht das Infektionsrisiko.
Auch Lebererkrankungen sind Risikofaktoren,
ein Diabetes mellitus, das ist die Zuckerkrankheit
und KHK ist die Abkürzung für Koronare Herzerkrankung. Das sind die Erkrankungen der Verkalkung der Herzkranzgefäße.

All diese Faktoren sind gleich der Normalbevölkerung und stellen ein Risikofaktor für Covid-19-Infektionen dar.

Immunsuppressive Basistherapie bei Covid-Infektion

Ganz wichtig:

Die immunsuppressive Basistherapien bei Covid-Infektion haben keine nachteilige Wirkung,
d. h. sollen auch nicht prophylaktisch abgesetzt,unterbrochen werden, diese laufende Therapie. Also wenn wir nicht Covid-positiv sind und keine Covid-Infektion haben, sollen sie nicht sicherheitshalber pausiert, abgesetzt oder auch das Applikationsintervall verlängert werden. Das ist nicht zu empfehlen, weil darauf das Risiko eines Krankheitsschubes steigt oder eine Verschlechterung der Krankheitsaktivität, und diese Verschlechterung aber das Infektionsrisiko erhöht.
Die aktive Erkrankung birgt ein höheres Risiko für den ungünstigen Verlauf einer Infektion. Und das gehört verhindert.
Wenn aber eine Covid-19-Infektion besteht, dann wird von den Gesellschaften empfohlen, die laufende Therapie kurzfristig zu pausieren.

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Therapie

Weitere Empfehlungen sind,

dass Glukokortikoide, die als Dauertherapie laufen, nicht abrupt abzusetzen, immer in Rücksprache mit dem Arzt zu dosieren. Dies soll ebenso fortgeführt werden. Aber wichtig ist immer bei Glukokortikoiden: die Dosis so niedrig als notwendig.
Auch bei den Injektionen mit Glukokortikoiden: Es sollen nur jene gegeben werden, die nicht verzichtbar sind.
Und genauso bei den Nicht-steroidalen Antirheumatika: Die sollen auch weitergeführt werden.

Wann ins Krankenhaus bzw. zum Arzt?

Wann soll nun ein Betreff Patient unbedingt ins Krankenhaus bzw. zum Arzt?

Verdacht einer SARS-Cov-2-Erkrankung

Die Kontrolluntersuchungen, die notwendig sind, sollten mit Absprache des Arztes durchgeführt werden. Wenn die Möglichkeit besteht, im Sinne einer Telefonvisite, bei uns in Österreich sind trotz Lockdown Ordinationen offen,Krankenhäuser haben auch Versorgungsauftrag. Was sollte man machen, wenn der Verdacht einer SARS-Cov-2-Erkrankung besteht?

Wichtig ist, dass bei dieser Covid-Infektion individuell einunterschiedlicher Krankheitsverlauf bestehen kann.
Die Symptome variieren stark, sie sind aber unspezifisch. Sie können einem normalen respiratorischen Infekt ähneln, eines normalen grippalen Infektes.
Sie können von symptomlos bis hin zum kritischen Verlauf und Krankheitsverlauf erfolgen, also auch schwerste Verläufe.

Symptome sind eben uncharakteristisch:

Häufig ist Husten,
häufig ist Fieber,
seltener Atemnot.
Es sind auch Knochen- und Gelenkschmerzen beschrieben worden.
Oft ist die Abgeschlagenheit, das Fatigue das Symptom.Auch bei Rheuma Patienten treten diese Symptome eben auf und sind nicht anders.
Schüttelfrost, trockener Hals, trockene Kehle,
Kopfschmerzen
auch gelegentlich Rhinitis, das heißt Schnupfen.
Aber man darf auch nicht vergessen, dass fallweise auch über Durchfall berichtet wurde.

Wann sollte unbedingt ein Bechterew-Patient den Arzt aufsuchen bzw. kontaktieren oder ins Krankenhaus? Ganz wichtig: Wenn die Symptome der Infektion den Krankenzustand massiv beeinträchtigen, insbesondere

wenn es zur Verschlechterung des Allgemeinzustandes kommt,
die Atemnot sich verstärkt
oder es eine drastische Steigerung der Atemfrequenz kommt.

Wichtig ist sofortige Kontaktaufnahme mit dem betreuenden Arzt, Rücksprache mit dem Arzt bei massiver Patientenverschlechterung Krankenhaus aufsuchen.

Empfehlungen an Bechterew-PatientInnen

Gibt es spezielle Empfehlungen an Bechterew-Patienten und -Patientinnen? Hier muss man sagen: Bei Patienten mit Morbus Bechterewgelten die gleichen Empfehlungen wie bei der Normalbevölkerung. Da kein erhöhtes Risiko einer Infektion besteht und auch die Immunsuppressive Therapie keinenschweren Verlauf zeigt, gelten dieselben Empfehlungen wie bei der Normalbevölkerung. Da keine spezifische Therapie für die Covid-Infektion derzeit besteht, gilt als erster Punkt und als wichtigster Punkt, die Infektion zu vermeiden.

Hände-Hygiene

Die Covid-19-Infektion wird durch Kontakt übertragen. Und da wissen wir: Auch im Krankenhaus, auch bei jeglichen anderen Infektionen ist die Hände-Hygiene das Wesentlichste. Mit Hände-Hygiene können über 90 Prozent der nosokomialen Infektionen verhindert werden. Deshalb ist eine Hände-Hygiene für jeden von uns, Arzt wie Patient, wie Bechterew-Patient, unumgänglich und notwendig. Und auch wichtig, dass es richtig gemacht wird:

Hände und Handgelenke mit Wasser und Seife mindestens 20 Sekunden waschen.
Die Finger Zwischenräume nicht vergessen.
Auch Nägel waschen.
Hände gehören bei jeglichem Kontakt gewaschen.

Wichtig

Da aber die Covid-Infektion auch eine Aerosol Infektion darstellt und man durch Tröpfchen eben sich auch infizieren kann, ist der zweite wesentliche Punkt: Nase und Mund mittels Tragen von Mund-Nasen-Schutz zu bedecken und dieAerosol-Produktion zu verhindern.

Wichtig ist: Nasen-Mund-Schutz erfolgt immer durch Bedecken von Mund und Nase.
Wichtig ist: Wenn man niest, nicht in die Hand niesen, sondern in die Armbeuge und Einwegtaschentuch und das wegwerfen.
Und versuchen zu vermeiden, an Mund und Nase sich oft zu fassen.

Eine Infektion durch Aerosol-Bildung kann durch diese Maßnahmen deutlich reduziert werden.

Abstand

Unumgänglich ist auch, um die Häufigkeit und das Risiko zu minimieren, einen Mindestabstand zu halten, zu natürlich Patienten, die Symptome aufweisen, aber auch zu jedem anderen Patienten, der nicht im eigenen Haushalt wohnt.

Halten Sie mindestens einen Abstand. Diese Abstand-Meter, eineinhalb Meter, zwei Meter differieren in Ländern, aber auch in beruflichen Tätigkeiten. Bei uns in Österreich wird der Abstand sehr plastisch umschrieben mit einem Baby-Elefanten. Also halten Sie einen Abstand von mindestens einem Baby-Elefanten ein.
Wichtig ist auch, nicht notwendige soziale Kontakte vermeiden. Dadurch wird das Risiko einer Infektion,einer Übertragung auch minimiert. Man schützt nicht nur sich selbst, sondern auch den anderen dadurch.
Und bleiben Sie, wenn nicht unbedingt notwendig ist wegzugehen, bleiben Sie zu Hause. Arztbesuche sollen aber aufrecht erhalten bleiben.

Zusätzliche Maßnahmen

Was ich zusätzlich und für alle meine Rhema-Patienten, aber auch Patienten mit Stoffwechsel-Erkrankungen immer wieder hervorhebe, ist die Impfung. So können wir uns vor Infektionen schützen. Diese zusätzliche Maßnahme möchte ich hier hervorheben. Wichtig ist, dass man mit dem betreuenden Arzt, mit dem Familienarzt oder Hausarzt, seinen Impfstatus durchgeht, bei uns gibt es den Impfpass, und ausständige Impfungen auffrischt. Insbesondere in der jetzigen Zeit ist die Impfung gegen Influenza und Pneumokokken wesentlich. Also aktualisieren Sie Ihre Impfungen und besprechen Sie das mit dem Hausarzt.

Zusammenfassung

Zusammenfassend aktuell zum Thema Corona-Virus-Infektion, Covid-19 und Morbus Bechterew ist zu sagen, dass diesbezüglich die radiologischen Gesellschaften schon Therapie-Empfehlungen gegeben haben aufgrund der bis dato erhobenen Daten, die wir weltweit gesammelt haben.

Die Europäische League against Rheumatism (eular) hebt er hervor, dass Patienten mit rheumatischen Erkrankungen ihre verschriebene Therapie nicht abbrechen oder reduzieren sollen, außer der Arzt rät ihnen dazu.
Die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologiespricht ähnliches. Also Patienten mit rheumatischen Erkrankungen sollen ihre DMARD-Therapie, das sind auch Biologicals, weiterführen. Patienten aber mit Anzeichen einer Covid-19-Infektion, da soll die DMARD-Therapie für die Dauer der Infektion pausiert werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie sagt ähnliches: Patienten mit rheumatischen Erkrankungen ohne Infektionszeichen sollen die Therapie fortführen. Patienten mit klaren Anzeichen einer Covid-19 Infektionen, die positiv mit und ohne Symptome getestet wurden, sollen die DMARD-Therapie pausieren.

Abschluss I

Sie sehen, bei rheumatischen Patienten gibt es einige Themen, die zu besprechen sind. Ich hoffe, ich habe mit meinemVortrag Unsicherheit ausgeräumt, Ängste minimiert, die Sicherheit von Bechterew-Patienten verstärkt.

Ihre Fragen

Ich werde nun auf einige Fragen noch eingehen, die mir im Vorfeld gestellt sind.

Frage 1: Covid-Infektionsgefahr bei NSAR?

Hier eine Frage einer Patientin: Ich habe Morbus Bechterew, nehme jedoch keine Immunsuppressive Therapie ein, sondern „nur“ NSAR, das sind nicht-steroidale Anti-Rheumatika. Habe ich dann trotzdem ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf? Diese Frage bezieht sich auf die Möglichkeit, wenn ich nicht-steroidale Anti-Rheumatika habe, ob die nicht-steroidalenAnti-Rheumatika den Krankheitsverlauf erschweren oder verstärken. Hier kann ich beruhigen. Die jetzigen Daten, die wir bis dato gesammelt haben, und das sind viele, zeigen, dass die Verwendung von nicht-steroidalen Anti-Rheumatika den Krankheitsverlauf nicht erschweren, nicht verstärken, auch nicht das Infektionsrisiko erhöhen. Das heißt: nicht-steroidale Anti-Rheumatika können weitergeführt werden.

Frage 2: Immunsupprimierende Medikamente absetzen?

Die nächste Frage einer Patientin, die Bechterew-Patientin ist. Die Frage lautet: Sollte ich meine Therapie, auch wenn sie immunsupprimierende Medikamente enthält, weiterhin durchführen? Oder ist es besser, wenn ich meine Medikamente einfach absetze? Hier sehen wir, dass Patienten Angst haben, ihre Medikamente weiterzuführen, weil sie sich vor einer Covid-Infektion fürchten. Aufgrund der derzeitigen Datenlage können wir aber sagen: Nein, wir sollten Medikamente, auch wenn sie immunsupprimierend sind, weiterführen, nicht pausieren, nicht den Applikationsintervall verlängern.

Frage 3: Covid-Impfung bei TNF-Blockern?

Die nächste Frage: Ist bei TNF-Blocker, z.B. Simponi, es überhaupt möglich, sich den Corona-Impfstoff geben zu lassen, auch wenn dieser zugelassen wird? Hier kann ich auch beruhigen: Die in der Pipeline bestehenden Impfstoffe, die getestet werden, sind alles durchwegs keine Lebend-Impfstoffe. Bei TNF-Blocker sind nur Lebend-Impfstoffe kontraindiziert. Wenn nächstes Jahr die Impfstoffe diesbezüglich zugelassen werden, sind es nur Tot-Impfstoffe und können verabreicht werden.

Frage 4: Physiotherapie

Die nächste Frage bezieht sich auf Physiotherapie: Physiotherapiestunden finden leider bei Lockdown nicht statt.Gibt es alternative Möglichkeiten? Hier empfehle ich, Kontakt aufzunehmen mit Selbsthilfegruppen, ob es alternative Möglichkeiten gibt. Ich kann nur auf YouTube-Videos verweisen und den Lockdown abzuwarten, um physikalische Medizin und physikalische Therapie nach dem Lockdown wieder aufzunehmen.

Frage 5: Möglichkeiten der Risikoverminderung

Als nächste Frage: Kann Corona zu einer Verschlechterung meiner Entzündungswerte führen und gibt es bestimmte Vorkehrungen, die das Risiko für eine schwere Entzündung minimieren können? Die Antwort ist: Ja, Corona-Virusinfektion kann die Entzündungswerte verschlechtern. Das sind auch Risikowerte, die wir regelmäßig im Krankenhaus bei einer Corona-Virusinfektion abnehmen. Aber es gibt keine Vorkehrungen, die das Risiko für eine schwere Entzündung minimieren können.

Frage 6: Wirksamkeit von Bechterew-Medikamenten während Covid-Infektion

Die letzte Frage bezieht sich auf die Angst, dass die Medikamente, die beim Morbus Bechterew, gegeben werden, während einer Corona-Infektion nicht mehr wirksam sind. Da kann ich beruhigen. Das ist nicht beobachtet worden. Die Immunsuppressive Therapie und die immunmodulierenden Therapien und die Medikamente, die bei Bechterew verwendet werden, verlieren nicht ihre Wirkung.

Abschluss II

Somit hoffe ich, dass ich einige Fragen beantwortet habe, die Angst minimiert habe, Unsicherheit aufgelöst habe und freue mich, dass Sie hier zugehört haben. Wir Ärzte, die rheumatische Patienten betreuen, werden auch in nächster Zukunft versuchen, diese Betreuung optimal aufrecht zu halten trotz Pandemie. Frei nach dem Motto: Der informierte Patient ist der bestbetreuendste Patient. Deshalb freut es mich, dass ich Sie hier im Rahmen dieser Patiententage informieren durfte und danke für Ihre Aufmerksamkeit. Wiederhören.

Patiententage Verabschiedung Fr. Dr. Herscovici

Das waren die virtuellen Patiententage von selpers. Ich hoffe, Sie konnten viel für sich mitnehmen. Wenn Sie den einen oder anderen Vortrag verpasst haben oder nochmal sehen wollen: Alle Vorträge sind zum Nachschauen auf selpers.com/live. Wenn Sie unseren Newsletter abonnieren, sind Sie immer up-to-date mit den neuesten Informationen, den neuesten Schulungen, die wir auf selpers entwickeln. Und Sie können uns auch auf Facebook oder Instagram folgen. Wir freuen uns auf jeden Fall, von Ihnen zu hören. Schicken Sie uns Ihr Feedback. Das hilft uns, besser zu verstehen, wie wir Sie noch besser unterstützen können, und wir freuen uns über jedes einzelne Feedback. Schön, dass Sie dabei waren. Ich wünsche Ihnen alles Gute, passen Sie gut auf sich auf und kommen Sie gut durch diese doch sehr bewegten Zeiten.

Aktuelles zu Coronavirus und Morbus Bechterew

22.11.2020 | 16.50 – 17.20 Uhr

Morbus Bechterew ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die einer dauerhaften Therapie bedarf. Sind PatientInnen mit Morbus Bechterew anfälliger für Infektionen und also auch für eine COVID-19-Erkrankung? Kann eine Corona-Infektion die Grunderkrankung verschlimmern? Ergeben sich im Falle einer COVID-19-Erkrankung bei Morbus Bechterew besondere Herausforderungen für die Behandlung? Hierzu und zu weiteren wichtigen Aspekten spricht in ihrem Vortrag Dr.in Maya Thun, Fachärztin für Innere Medizin mit einem Schwerpunkt Rheumatische Erkrankungen.

Vortragende

Bild folgt in Kürze

Internistin
OÄ Dr. Maya Thun

Dr Maya Thun ist Internistin mit Schwerpunkt Rheumatologie, Osteologie und Diabetologie. Sie arbeitet als Konsiliarinternistin in der KLINIK OTTAKRING vormals WILHELMINENSSPITAL. Sie leitet im Rahmen ihrer interdisziplinären Tätigkeit die Overlap Ambulanz auf der Dermatologie und die Osteoporose Ambulanz im Wilhelminenspital weiters betreut sie Patientin in ihrer Wahlarztordination. In ihrer Wahlarztordination widmet sie sich voll und ganz rheumatologischer und osterlogische Patienten und Personen mit Stoffwechselerkrankungen und informiert Betroffene über die möglichen komplexen Therapiestrategien. Die optimale und persönliche Betreuung liegt Ihre dabei am Herzen. Ein gut informierter Patient ist ihr dabei wesentlich.

Mit freundlicher Unterstützung von

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