Einleitung
Dieser Vortrag widmet sich einem Thema, das für viele Familien relevant ist, wenn sie ein krankes Kind und ein oder mehrere gesunde Kinder haben. Frau Dr. Annette Mund ist Vorsitzende des Kindernetzwerks und des SeHT, einem Verein, der sich mit der Begleitung von Familien beschäftigt, die ein oder mehrere Kinder haben, die besondere Bedürfnisse haben, beeinträchtigt oder behindert sind. Sie wird uns erzählen, wie ein gutes Miteinander möglich ist und wie sich gute Beziehungen zwischen allen Familienmitgliedern gestalten lassen.
Begrüßung (1:05)
Guten Tag meine Damen und Herren. Mein Name ist Annette Mund, ich bin die Vorsitzende von Kindernetzwerk e.V. Dies ist der Dachverband in der Eltern Selbsthilfe in Deutschland. Das heißt, wir haben viele Mitglieder, die selbst betroffen sind, indem sie ein Kind in der Familie versorgen, dass entweder behindert, chronisch krank oder nach einem Unfall in irgendeiner Form beeinträchtigt ist. Wir versuchen viel für diese Kinder und Familien zu machen und sehen die Familie als Gesamtes wichtig.
Wir versuchen Öffentlichkeit zu schaffen, in der Politik Wege zu schaffen, damit es diesen Kindern und Familien besser als früher geht. Wir wollen sie unterstützen, um mehr Teilhabe leben zu können. Ich möchte Ihnen heute etwas über gesunde Geschwisterkinder erzählen. Dieses Thema ist sehr umfangreich, man kann viele Aspekte einzeln betrachten. Ich hoffe, dass ich Ihnen einen Überblick geben kann. Jeder, der sich für dieses Thema weiter interessiert, findet in der Forschung und Literatur viele Angaben, wo man sich einlesen kann.
Betrachtung der Familiensituation (2:20)
Das Erste ist vielleicht das Wichtigste. Es gibt nicht das gesunde Geschwisterkind, es gibt ja auch nicht das beeinträchtigte Kind, sondern Familien bestehen aus verschiedenen Familienmitgliedern und gesunde Geschwisterkinder sind eben ein Teil in dieser Familie. Es ist wichtig sich im Vorhinein die Familie anzuschauen und zu sehen in welcher Familienlage diese ist.
Ist es ein alleinerziehender Vater, eine alleinerziehende Mutter und zwei Kinder von denen eines beeinträchtigt ist? Ist es eine komplette Familie, so wie früher Mutter, Vater, Kind mit mehreren Kindern und eins ist beeinträchtigt oder sind verschiedene Kinder beeinträchtigt? Dann ist es wichtig, sich anzuschauen: Lebt die Familie, in einer Stadt, wo die Versorgung, Hilfsmöglichkeiten und Angebote für alle Familienmitglieder reichlich vorhanden sind? Leben sie auf dem Land, wo alles etwas schwieriger sein kann?
Wie sind die finanziellen Ressourcen dieser Familie? Können Sie sich Hilfe und Angebote kaufen oder ist das leider nicht möglich? Das alles ist wesentlich, um zu sehen, wie es dieser Familie geht. Wenn man dann weiß, wie es der Familie geht, kann man schauen: Wie geht es in einzelnen Familienmitgliedern?
Die Familie als Mobile (3:50)
Eigentlich ist es so, dass eine Familie wie ein Mobile funktioniert. Das bedeutet, wenn der eine etwas schief hängt, es ihm nicht gut geht, sind auch alle anderen betroffen. Wenn eine Beeinträchtigung in der Familie vorhanden ist, ist es wichtig zu sehen: Wie wird diese Familie mit dieser Beeinträchtigung umgehen können? Wie lebt sie mit dieser Beeinträchtigung?
Wenn die Beeinträchtigungen das Leben der Familie dominiert, wenn das beeinträchtigte Kind die absolute Hauptrolle spielt, um die sich das ganze andere Leben drehen muss, dann ist es so, dass gesunde Geschwisterkinder schwieriger mit dieser Situation umgehen können, als wenn das beeinträchtigte Kind mit allen seinen Sorgen und Nöten nur ein Kind unter den anderen ist.
Das Leben mit einem beeinträchtigtem Kind (4:50)
In manchen Familien wird eine Beeinträchtigung des Kindes als Unglück gesehen. Es steht immer die Frage im Vordergrund: Warum musste das uns passieren? Wenn es so ist, dann liegt über allem eine Art unglücklicher Blick von Unglücklichsein, von Schuldgefühlen. Dann ist es für das beeinträchtigte Kind schwieriger, weil es das Gefühl haben kann: Ich bin hier in gewisser Weise ein Problem. Es passiert auch häufig, dass die Eltern oder Mütter und Väter sich sehr um dieses Kind bemühen und dann leiden die anderen Kinder, die aus dem Blickwinkel fallen können. Es ist nicht so, dass die Eltern das mit Absicht machen, sondern weil die Ressourcen der Eltern gebunden sind.
Es gibt Forschung, die belegen, dass die meisten gesunden Geschwisterkinder dieses nicht empfinden, sondern dass sie die Situation als normal empfinden. Wenn dann besondere Möglichkeiten gefunden werden, wie die Geschwisterkinder trotzdem ihr Leben leben können, wenn auch in dem Gedanken etwas weniger wichtig zu sein, dann ist es trotzdem so, dass sie nicht unglücklich damit sind. Zum Beispiel, dass geguckt wird wir schaffen es leider nicht rund um die Uhr für das gesunde Geschwisterkind noch Valenzen freizusetzen. Wir gucken, ob wir vielleicht ein gutes Internat für dieses Kind finden. Dann kann es durchaus sein, dass das gesunde Geschwisterkind das Gefühl hat: Irgendwie ist nicht so viel Empathie und Liebe für mich da für mich da, findet aber im Internatsleben durchaus sein eigenes Leben und seine eigene Möglichkeiten, sein Leben gut zu gestalten.
Insgesamt ist es so, dass die Eltern häufig verstehen, dass sie die gesunden Kinder auch im Blick haben müssen. Sie versuchen Zeit für diese zu schaffen und das Beste mit ihnen möglich zu machen, was ihnen wichtig erscheint. Das bedeutet vielleicht nicht viel Zeit, aber doch etwas Zeit, in der sie nur für dieses gesunde Geschwister da sind. Dann kommen die gesunden Geschwisterkinder mit der Situation im allgemeinen gut zurecht. Wenn die Eltern versuchen, die gesunden Kinder in die Betreuung des betroffenen Kindes mit einzubeziehen, finden die Kinder das meistens auch sehr gut. Schwierig wird es in dem Moment, in dem die Eltern versuchen, die gesunden Kinder in die Versorgung und Pflege des kranken Kindes mit einzubeziehen. Dann wird den gesunden Kindern eine Verantwortung gegeben, die sie normalerweise nicht tragen können. Dort wird es sehr schwierig, da sie dann nicht mehr in die Lage versetzt werden, ihr eigenes Leben ausleben zu können, weil sie mit Dingen überfrachtet werden, die viel Kraft von ihnen verlangen.
Die Sicht des gesunden Kindes (8:10)
Gesunde Geschwisterkinder kommen im Allgemeinen jedoch gut mit der Situation zurecht, da sie verstehen, dass das andere Kind viel Hilfe braucht. Sie selbst können irgendwann allein essen oder sich anziehen, was betroffene Kind nicht, oder nur mit Hilfe kann. Sie verstehen und sehen das. Sie lieben dieses Kind und verteidigen es. Wenn es beispielsweise darum geht, in der Schule davon zu berichten, dann ist es klar, dass viele Kinder sagen, dass sie einen Bruder haben. Es wird jedoch nicht unbedingt sofort davon berichtet, dass er beeinträchtigt ist. Aber wenn die Sprache darauf kommt, dann möchten sie es so darstellen: Das ist mein Geschwisterkind, es geht uns und ihm gut. Sollte es zu Beleidigungen kommen, dann verteidigen die gesunden Kinder ihre betroffen Geschwisterkinder.
Das Sprechen in der Familie (9:20)
Es ist wichtig, dass in der Familie über Dinge gesprochen werden, die Rund um diese Beeinträchtigung entstehen. Es ist schwierig, wenn bestimmte Dinge nicht angesprochen werden, weil alle Kinder in der Familie dann im Unklaren bleiben. Das heißt, im Endeffekt müsste oder sollte es so sein, dass die Eltern immer dann, wenn die gesunden Geschwisterkinder und natürlich auch das betroffene Kind fragen zum Zustand, der Beeinträchtigung, der Behinderungen haben versuchen, schonend, positiv, und empathisch diese Fragen ehrlich zu beantworten.
Es ist häufig so, dass Eltern denken: Vielleicht ist die Beeinträchtigung schlimm und lebensverkürzend. Wir wollen dem gesunden Kind die Sorge darüber ersparen. Das ist jedoch etwas, was ich raus gestellt hat, was wirklich nicht sinnvoll ist, weil dann die gesunden Kinder sich eigene Ideen ausdenken, was mit dem kranken Kind ist. Sie merken, dass die Eltern nicht darüber reden wollen und wollen es nicht selbst ansprechen. Sie haben vielleicht das Gefühl, Sie machen Mama und Papa noch trauriger und die ganze Sache wird noch schwieriger. Es entsteht eine Art von Gespinst, von zurückgehaltenen Ängsten und Gefühlen, die sie nicht ausdrücken wollen, was die Situation in der Familie sehr schwierig macht.
Gesunde Geschwisterkinder wollen altersgemäß einbezogen werden. Das bedeutet in die Versorgung, aber auch in dem Wissen, was mit der Familie los ist, wie es den einzelnen Mitgliedern geht und wie es weiter geht. Daher raten wir zu Offenheit in allen Aspekten rund um die Beeinträchtigung.
Schuldgefühle und der Umgang damit (11:20)
Manchmal haben die Eltern das Gefühl, dass sie Schuld auf sich laden. Zum einen vielleicht die Schuld, dass dieses Kind so ist, wie es ist. Betroffene Mütter denken häufig nach: Ist irgendwas in der Schwangerschaft passiert, habe ich mich nicht wohl verhalten? Gleichzeitig sehen Sie die anderen Kinder und denken sich: Was mache ich da falsch? Das bedeutet, sie haben ein Ideal-Ich im Kopf: Ich sollte eigentlich, müsste eigentlich, da hab ich wieder das nicht gemacht. Sie vergleichen es das mit dem Ist-Ich.
Es wäre wichtig zu verstehen, dass jeder so gut lebt, wie er eben kann und dass in der Regel die Eltern alles tun, um allen Familienmitgliedern gerecht werden zu können. Man sollte versuchen, sich selbst von diesen Schuldgefühlen zu befreien und sie tolerieren. Sie sind da, sie gehören vielleicht zu mir, aber sie dürfen mich nicht bestimmen. Wenn gesunde Geschwisterkinder das Gefühl haben, dass sie ein Objekt, des Schuldgefühls der Eltern sind, dann verwechseln Sie es leicht damit, dass es etwas Negatives ist, was die Eltern ihnen entgegenbringen. Sie verstehen vielleicht noch nicht, dass dieses Gefühl eigentlich aus der Liebe entsteht und dann aus der negativen Betrachtung seiner selbst.
Die Kinder erhalten ein schwieriges und ambivalentes Gefühl: Irgendwie ist es nicht ganz reine Liebe, die mir da entgegenschlägt. Auch wenn Schuldgefühle da sind, ist es vielleicht wichtig mit den Kindern darüber zu sprechen und ihnen zu erklären: Siehst du, warum ich nicht so viel Zeit für dich habe? Verstehst du das, das macht mir ein ganz schlechtes Gewissen, das möchte ich eigentlich nicht. Was können wir tun, damit wir wieder eine reine Beziehung aufbauen oder haben können, ohne von Schuldgefühlen betroffen zu sein?
Scham der gesunden Geschwisterkinder (13:25)
Manchmal ist es so, dass gesunde Geschwisterkinder Scham darüber empfinden, wie ihre Familie oder dieses Kind ist oder warum diese Familie eben nicht so handeln kann, wie andere Familien. Scham darüber, dass sie zum Beispiel nicht an allen Aktivitäten, die die Schule für die Familien plant. teilnehmen können, weil das für die Familie sehr viel Aufwand ist, weil dieses Kind was betroffen ist nicht einfach mitgenommen werden kann, weil sehr viel mit dem Kind mitgenommen werden muss, weil man dann vielleicht lieber sagt, man macht nicht mit.
Man sollte versuchen, dem Kind diese Scham zunehmen. Scham bedeutet, dass man das Leben betrachtet und feststellt, dass es negativ im Vergleich mit anderen ist und man möchte das nicht. Es ist daher besonders wichtig, häufig mit dem gesunden Geschwisterkindern zu sprechen und ihnen alles zu erklären und ihnen zu vermitteln: Du musst dich nicht dafür schämen, dass wir so leben, wie wir leben, dass dieses Geschwisterkind beeinträchtigt ist und deswegen Dinge braucht und wir Dinge nicht machen können. Sondern du musst sehen, das ist meine Familie und da bin ich stolz drauf und das ist gut so. Wir sind eine Familie unter vielen anderen Familie.
Zuschreibungen auf das gesunde Geschwisterkind (15:00)
Es ist auch wichtig, deshalb so viel mit ihnen zu reden, weil viele Zuschreibungen auf diese gesunden Geschwisterkinder einprasseln können. Wenn das Geschwisterkind draußen, bei Leuten, die es noch nicht kennt erzählt, dass es ein beeinträchtigtes Geschwisterkind hat, dann ist die allgemeine Reaktion: Oh Gott du armes Kind, das ists bestimmt ganz schwer. Oder noch ein bisschen Voyeurismus dazu: Was hat es denn erzähl doch mal. Das Ganze macht es dem Geschwisterkind nicht leicht. Wenn sich Kinder in sich unsicher sind, wenn sie in der Familiensituation unsicher sind, wenn sie wissen, dass Schuldgefühle seitens der Eltern vielleicht über diese Beeinträchtigungen da sind und das Kind kein starkes, sicheres Kind ist, kann es sein, dass diese beständigen Zuschreibung: “Du bist arm, es ist bestimmt schwer oder da musst du aber tapfer sein” in das Kind einträufeln und seine Sicht der Dinge auf Dauer beeinträchtigt.
Gefühlswelt der erwachsenen, gesunden Geschwisterkinder (16:05)
Häufig ist es so, dass das erwachsene, gesunde Geschwister ihr Leben nochmal rückwirkend betrachten und feststellen, dass sie in der Kindheit, in der sie selbst nicht das Gefühl hatten, dass sie benachteiligt waren, auf einmal die ganze Situation anders sehen. Sie sagen: “Ja, wenn ich das heute betrachte, war ich ein benachteiligtes Kind. Das ist mir damals nicht so aufgefallen. Ich war gesund, ich kriegte nie so viel Aufmerksamkeit, wie mein Geschwisterkind, das immer das Lob bekam für etwas, für das ich kein Lob bekommen habe, weil ich gesund war. Dies gehört sicherlich zur Verarbeitung des eigenen Lebensweges, aber es ist auch wichtig zu erkennen, was davon sind Zuschreibungen von außen und wie fühlte ich mich wirklich oder wie fühle ich mich heute?
Es ist so, dass manche Therapeuten, wenn Therapien angefragt werden, alle Schwierigkeiten eines erwachsenen, gesunden Geschwisterkindes, egal wo sie herkommen auf diesen Fakt zurückführen: Ja, du warst ja auch ein gesundes Geschwisterkind. Das sind Zuschreibungen, die schwierig sind und nicht unbedingt der Heilung helfen.
Probleme erwachsener, gesunder Geschwisterkinder (17:15)
Erwachsene, gesunde Geschwisterkinder stehen vor vielen Problemen, wenn es darum geht, dass die Eltern, die das beeinträchtigte Kind betreut haben, dies nicht mehr können. Was mache ich jetzt mit meinem Geschwisterkind und inwieweit bin ich verantwortlich? In solchen Situationen können Selbsthilfegruppen sehr helfen.
Das Geschwisterkinder braucht darüber hinaus viel Wissen, wie: Wo kann ich welche Unterstützung finden? Wie kann ich es am besten machen? Wie kann ich das Geschwisterkind versorgen oder versorgen lassen? Inwieweit muss ich das so machen, wie meine Eltern das gemacht haben? Inwieweit bin ich berechtigt zu sagen, ich möchte mein eigenes Leben leben, aber natürlich möchte ich, dass das Geschwisterkind gut versorgt ist. Das bedeutet, es ist wichtig, sich im Erwachsenwerden klarzumachen: Wie ist meine Rolle und meine Beziehung zu diesem beeinträchtigten Geschwisterkind?
Geschwisterbeziehungen (18:45)
Es ist eigentlich davon auszugehen, dass in jeder Familie, auch in Familien, in denen kein beeinträchtigtes Kind lebt, verschiedene Konstellationen der Geschwisterbeziehung untereinander existieren. Man mag jemanden, oder man mag jemanden nicht. Es ist nicht so, dass alle Geschwister sich bedingungslose untereinander lieben.
Es ist nur so, dass die Aufmerksamkeit, die ein beeinträchtigtes Kind zu Recht verlangt und braucht, darauf fokussiert wird. Man kann sagen, dass eine Familie, auch eine unbeeinträchtigte Familie ein ständiges Austarieren von Gefühlen und Beziehungen untereinander und von Gabe der Liebe und Aufmerksamkeit ist. Eine Beeinträchtigung in der Familie verschärft diese Situation.
Umgang mit Ressourcen (19:45)
Wir raten allen Familien, sich alle Hilfe zu holen, die möglich ist. Sich Auszeiten zu nehmen und zu versuchen, wirklich zu sagen: Ich bin als Mutter nicht nur Mutter, sondern auch Frau und Partnerin. Ich bin als Vater nicht nur Vater, sondern habe auch andere Rollen zu füllen und möchte diese auch füllen. Ich bin als Geschwisterkind, das gesunde Geschwisterkind, aber ich bin auch Kind und ich möchte mich selbstständig entwickeln. Das beeinträchtigte Kind im Rahmen seiner Möglichkeiten möchte auch ein autonomes und autarkes Leben führen, mit allen Hilfen, die nötig sind.
Fazit (20:25)
Im Endeffekt ist es wichtig, dass Sie in der Familie mit den Geschwisterkindern und den beeinträchtigten Kind immer so reden, wie es gerade altersmäßig angemessen ist. Ansonsten nehmen Sie sich alle Hilfen, suchen Sie sich alle Hilfe und gestehen Sie sich ein, dass Sie auch nur begrenzte Ressourcen haben. und dass niemandem nützt, wenn diese vollkommen ausgeschöpft sind. Suchen Sie sich Gleichgesinnte und ähnliche Familien, denen es in irgendeiner Weise so geht wie Ihnen und sorgen Sie dafür, dass sie immer alle Rechte erfüllt bekommen, die Ihnen auch zustehen.
Teilnehmerfragen
1. Ich habe drei Kinder, mein Kleinster ist leider schwer chronisch krank. Ich will nicht, dass bei den anderen beiden Eifersucht entsteht. Beide sind überaus verständnisvoll und es gab bisher so gut wie keine Probleme. Dennoch frage ich mich, ob nicht unbewusst ein Gefühl der Eifersucht und des Zurückgesetzt Seins entstehen kann. (21:10)
Sicherlich kann das entstehen, wenn sie jedoch immer sprechen, erklären und sich selbst auch darstellen: Ich versuche, das Beste, aber ich habe nur begrenzte Ressourcen. Was können wir machen, wie können wir es machen? Was wünscht ihr euch und wie können wir das umsetzen? Dann werden Sie die Situation sicherlich gut im Griff behalten.
2. Soll ich das gesunde Kind zu Arztbesuchen für das kranke Kind mitnehmen oder wäre das zu viel? (22:00)
Eine Arztsituation, Krankenhaussituation oder therapeutische Situation ist immer eine besondere. Wenn es möglich ist und Sie die Ressourcen haben, das gesunde Kind mitzubetreuen, ja. Sie müssten das Kind beschäftigen, oder es ist schon so älter und kann Ihnen gut zuhören. Das müssen Sie individuell abwägen.
Prinzipiell spricht nichts dagegen das Kind mitzunehmen. Es kommt aber auch darauf an, wie die Kommunikation zwischen dem Arzt oder dem medizinischen Personal und Ihnen, dem betroffenen Kind und dem gesunden Kind ist. Schauen Sie auch nach Zuschreibungen. Kann es sein, dass es sofort heißt: Ach Gott ja und du bist jetzt der Arme und jetzt gucken wir uns mal deinen Bruder an.
3. Im Großen und Ganzen kommen meine beiden Kinder gut miteinander zurecht, sie sind aber noch im Kindergarten und manchmal fällt es mir schwer, meinem Sohn zu erklären, wieso seine Schwester nicht alles mitmachen darf oder kann. Wie kann ich das Thema am besten ansprechen, ohne die Kinder traurig zu machen? (23:05)
Es geht nicht darum traurig zu machen, im Sinne von: Sie kann das nicht, das ist ein Defizit. Sondern zu sagen: So ist sie. Und weil gewisse Dinge nicht funktionieren müssen wir es anders machen. Das heißt, Sie sollten versuchen, nicht den Begriff des Defizits zu übernehmen, sondern den Begriff der Ressourcen: Schau mal, du kannst beispielsweise nicht die Treppe so gut rauf und runter laufen, aber du lernst das zunehmend, weil du deine Beine in die richtige Richtung bewegst und die Knie anwinkelst. Sie kann das nicht so richtig, aber wir können hier eine Hilfe zur Verfügung stellen, damit sie es auch kann.
Im Endeffekt sollten Sie versuchen zu sagen: Eine Beeinträchtigung ist ein so sein dieser Person und wir schauen alle was wir tun können, damit diese Person mit dem so sein, positiv ihr Leben meistern kann.
Verabschiedung (24:50)
Ich danke Ihnen und hoffe, dass ich dieses große Thema in Einzelaspekten darstellen konnte. Ich freue mich, wenn Sie weitere Fragen haben, diese zu beantworten. Sie können mich jederzeit anschreiben oder anrufen. Ich freue mich, wenn ich weiterhelfen oder auch noch weiter erklären kann.
Das gesunde Geschwisterkind
27.02.2022 | 11.35 – 12.05 Uhr
Geschwisterkinder haben vielfältige Beziehungen miteinander und zu ihren Eltern. Ist eines der Kinder chronisch krank oder gesundheitlich beeinträchtigt, ändern sich in vielerlei Hinsicht die Beziehungsstrukturen in der Familie. Keines der Kinder muss darunter leiden, wenn sich alle Familienmitglieder im Klaren sind, wie die Beziehungen gestaltet werden können.
Im Vortrag gibt Ihnen Frau Dr. Mund Tipps, wie man in dieser Situation ein gutes Miteinander innerhalb der Familie aufrecht erhält.
Vortragende
Dr.
Annette Mund
Frau Dr. Mund ist Vorsitzende der Bundesverbände SeHT e.V. und BVAD e.V. Außerdem ist sie seit 2004 in der bundesweiten Selbsthilfe tätig und seit 2016 die Vorsitzende des Kindernetzwerks.
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