Transkript

Einleitung

Der nächste Vortrag widmet sich einem anderen Aspekt der Behandlung des Kurzdarmsyndroms. Univ.-Prof. Dr. Anton Stift ist Experte auf diesem Gebiet und beschäftigt sich mit der Darmchirurgie, speziell mit der Chirurgie chronischer Darmerkrankungen und Tumorerkrankungen des Bauchraums.

 

Er wird uns erklären, welche operativen Möglichkeiten es in der Behandlung des Kurzdarmsyndroms gibt und wird auch auf die Darmtransplantation eingehen.

Begrüßung (0:35)

Einen schönen Nachmittag, mein Name ist Anton Stift und ich bin seit fast 30 Jahren an der Abteilung für Chirurgie im allgemeinen Krankenhaus als Darmchirurg tätig. In diesen Themenkreis fällt auch das Kurzdarmsyndrom, über das ich heute sprechen möchte, die Möglichkeiten der chirurgischen Behandlung. Ich möchte mich für die freundliche Einladung, hier mitwirken zu dürfen, bedanken.

Enterale Autonomie (1:20)

Das oberste Ziel der Behandlung dieser Patienten ist die enterale Autonomie. Diese ist das Ziel, der konservativen und chirurgischen Möglichkeiten. Es bedeutet, dass die Patienten völlig frei von diversen Zugängen in Venen oder in den Magen sind, um eine natürliche Ernährung ohne Hilfsmittel von außen zu gewährleisten. Das heißt der Darm funktioniert, bei den Patienten, wie bei allen anderen.

Begriffserklärungen (1:50)

Eine Definition beschreibt das Kurzdarmsyndrom als einen Zustand, mit dem eine eingeschränkte Absorption von Nahrung und Flüssigkeit einhergeht. Es muss zumindest die Hälfte des Dünndarms verloren gegangen sein, beziehungsweise auch ein Teil des Dickdarmes, wenn nicht der Ganze. Es muss eine signifikante Schädigung des Dünndarms vorliegen, mit herabgesetzter Motilität im Sinne einer Dysmotilität. Das Kurzdarmsyndrom wird hier in eine milde, mäßige und schwere Form unterteilt.

 

Eine weitere Begriffserklärung definiert das Kurzdarmsyndrom als ein Darmversagen nach einer Resektion, mit der Unfähigkeit, Proteine, Energie, Flüssigkeit aufzunehmen und die Mikronährstoffbilanz unter konventioneller Diät aufrecht zu erhalten.

Was sind denn die Ursachen des Kurzdarmsyndroms? (2:55)

Die chirurgische Komplikationen sind in bis zur Hälfte aller Patienten für den Kurzdarm verantwortlich, meist im Rahmen von Operationen, bei denen aufgrund von massiven Verwachsungen, auch hostiles Abdomen genannt, der Dünndarm reseziert werden musste. Oft ist ein Adhäsionsileus oder ein hostiles Abdomen für einen großen Verlust des Dünndarms verantwortlich.

 

Ein zweiter großer Teil sind Darmischämie, ein Verschluss von den Darm versorgenden Gefäße, die dann zum Absterben großer Teile des Darms führen können. Auch Tumore, wie zum Beispiel Kolrektaltumoren könne große Teile des Darms befallen. Um diese Patienten tumorfrei zu bekommen, ist es oftmals erforderlich hohe Mengen an Dünn- und Dickdarm zu entfernen.

 

Die Strahlenteritis als Ursache für das Kurzdarmsyndrom stellt aktuell nur einen geringeren Anteil dar, weil viele strahlentherapeutische Maßnahmen mittlerweile nicht mehr auf den gesamten Bauchraum zielen. Früher, beispielsweise beim Endometriumkarzinom wurde eine hohe Strahlendosis auf den Unterbauch gestreut. Das führt zwar zum Verschwinden des Tumors, aber in Folge kommt es oft zu massiven Schäden des Dünndarms. So kommt es zu einem massiven Verlust der Funktion des Dünndarms und unter Umständen zur Entfernung.

 

Die chronisch entzündliche Darmkrankheit, der Morbus Crohn ist mit bis zu 20% für Kurzdarmsyndrome verantwortlich, weil Teile des betroffenen Darms entfernt werden müssen.

 

Auch bei stumpfen Traumata oder Traumata nach schweren Unfällen, kann es zu einem Verlust von Dünndarm und Dickdarm kommen. Der Volvulus, der letztlich eine Drehung der Axe des Darmes beschreibt, was letztlich auch zur Minderdurchblutung von Segmenten des Darms und zum Verlust des Darms führen kann.

 

Bei Kindern ist die Atresie, eine fehlende Anlage des Darmes in der Embryogenese Ursache für das Kurzdarmsyndrom. Bei der nekrotisierende Enterokolitis, kann es auch zu einem massiven Untergang des Darms kommen.

Typ A, B und C (6:00)

Wir unterscheiden drei Typen, Typ A, B und C, die Sie hier aufgezeichnet sehen. Bei Typ A finden wir den Magen und den Dünndarm. Bei Typ B haben wir einen Teil des Dickdarms, ab dem Transversum erhalten und der Dünndarm ist an den Dickdarm genäht.

 

Typ C ist sicher bevorzugt, da der ganze Dickdarm vorhanden ist und es eine Anastomose im Bereich des Dünndarms gibt, wo ein Segment des Dünndarms wieder reanastomosiert wurde. Diese Patienten haben die beste Chance, eine normales Leben zu führen, da ein Großteil der resorptiven Oberfläche noch vorhanden ist und auch der Dickdarm, der bezüglich des Wasserhaushalts eine große Rolle spielt.

Wie oft kommt das vor? Wie hoch ist die Inzidenzen? (6:50)

Es sind in Österreich etwa 3 Patienten auf 1.000.000 pro Jahr, das heißt es gibt ungefähr 25 Personen jährlich, die von einem Kurzdarmsyndrom betroffen sind. Die Prävalenz mit 10 bis 34 pro 1.000.000 zeigt uns, dass in Österreich etwa 300 Patienten mit einem Kurzdarmsyndrom leben sollten.

Was haben wir für therapeutische Möglichkeiten? (7:20)

Das oberste Ziel ist das Verhindern eines Kurzdarmsyndroms. Bis zu 50% der Patienten sind nach einem chirurgischen Eingriff davon betroffen. Das bedeutet, dass die Hälfte aller Patienten „auf die Klinge“ der Chirurgen gehen, wenn im Rahmen von Operation so viel Damen entfernt wurde, weil es sehr schwierig war.

 

Das oberstes Ziel ist, die Chirurgen dementsprechend auszubilden, dass dies möglichst selten der Fall ist, am besten gar nicht. Jedoch gibt es natürlich Patienten, bei denen es sehr schwierig ist, dieses Ziel zu erreichen. Trotzdem müssen wir die chirurgischen Instrumentarien so verbessern, dass dies nicht mehr notwendig ist.

 

Die intestinale Ischämie, ist der akuter Verschluss eines zuführenden, arteriellen Gefäßes. Sie führt zum Absterben der betroffenen Segmente. Zur Auflösung kann man eine Thrombektomie durchführen. Das Problem ist jedoch die oftmals späte Diagnose, weil die Patienten ein unspezifisches Muster an Beschwerden haben. Wenn man gleich thrombektomieren würde, könnte man meist den Darm retten, nach einigen Stunden ist es aber zu spät und Teile des Darmes sind bereits abgestorben. Das sehen Sie auf dem rechten, unteren Bild. Alternativ könnte, wie beim Herzen ein arteriellen Bypass gelegt werden, eine Umgehung der Segmentes, durch das zu wenig Blut fließt. Diese Methode kommt eher bei chronischen Verschlüssen vor.

 

Bei Morbus Crohn leiden 25% der Betroffenen zusätzlich an einem Kurzdarmsyndrom. Daher sollten die Behandelnden darmsparende Resektionen im Portfolio haben. Was ist damit gemeint?

Strikturplastiken (9:30)

Hier sehen Sie ein Darmstück, das an einer Stelle eng ist und der Speisebrei nicht mehr passieren kann. Hier kann man Strikturplastiken machen. Sie inzidieren die Engstelle der Länge nach, ziehen sie auseinander und vernähen sie quer, sodass die Engstelle aufgelöst wird. Das hat den Vorteil, dass es zu keinem Verlust der resorptiven Oberfläche des Darmes kommt.

 

Es gibt auch weitere Strikturplastiken, beispielsweise bei längeren Stenosen. Die Plastik nach Finney hat sich hier etabliert. Sie schneiden antimesenteriell auf, ziehen den Darm auseinanderziehen und nähen eine Vorder- und Hinterwand aneinander. So kann aus einem Engstellensegmente ein weites Segment gemacht haben, ohne dass Darm verloren geht.

 

Eine weitere schöne Striktionsplastik ist nach Michelassi, Sie sehen hier mehrere „skip lesions“ hintereinander. Wenn Sie das sanieren wollen, hätte man früher gesagt, dass das Segment über die gesamte Länge entfernt werden muss. Da es jedoch normal weite Stellen gibt, hat sich Michelassi überlegt, hier zu Inzidieren, es nebeneinander zu legen und zusammen zu nähen, sodass auch hier keine resorptive Oberfläche verloren geht. Der Darm wird ein bisschen kürzer, aber es wird nichts entfernt.

 

Es gibt auch seltene Strikturplastiken, beispielsweise nach Fazio und Tijandra oder Poggiolo und Taschieri, benannt nach den Personen, die sie erfunden haben. Welche tatsächlich angewendet werden, sind Finney, Heineke-Mikulicz und Michelassi. Nichtsdestotrotz haben alle den Darmerhalt zum Ziel.

Darmverlängernde Operationen (11:50)

Es gibt auch Darmverlängernde Operationen, hier sehen Sie beispielsweise eine „STEP Procedure Serial Transverse Enteroplasty“. Dabei wird mit einem Linear Stapler wie bei einer Ziehharmonika hinein geschnitten und numerisch an Darmlänge gewonnen.

 

Wenn jemand kritisch aufpasst, muss natürlich gesagt werden, dass durch dieses Prozedere zwar der Darm länger wird, was sich jedoch leider nicht ändert, ist die Darmoberfläche. Deshalb haben diese Darm verlängernden Operationen keinen Eingang in das Humansystem gefunden.

 

Hier sehen Sie eine Arbeit von Mehrabi, der im Darm einer Ratte die Serosa inzidiert. Aufgrund dessen kommt es tatsächlich zu einer gewissen Verlängerung des Darmes. Ich selbst würde keinen solchen Darm haben wollen. Man sieht, wie die Schleimhaut auseinandergezogen wird. Jedoch kommt es auch hier leider zu keiner signifikanten Vergrößerung der resorptiven Oberfläche. Hier sehen Sie schematisch, wie die Operation durchgeführt wird.

 

Insgesamt ist es so, dass der Darm bereits verlängert werden kann, allerdings ändert sich die Oberfläche des Darmes dadurch nicht, obwohl genau diese benötigt wird.

 

Es kann eine Verzögerung der Passage mit verschiedenen Medikamenten bewirkt werden. Es kann auch ein Dünndarmsegment um 180 Grad verdreht hineingenäht werden, das nennt man auch anisoperistaltisch. So wird der Speisepreis deutlich langsamer transportiert und nach einem längeren Kontakt mit der Mukosa wird die Nährstoffaufnahme verbessert. Man kann auch ein Coloninterponat, einen Teil des Dickdarms zwischenschalten. Auch die Passage im Dickdarm ist deutlicher weniger ausgeprägt. Dies würde es zu einer Verlängerung der Kontaktzeit des Speisepreis mit der Schleimhaut führen.

Intestinale Rekonstruktionen (14:30)

Es gibt auch Operationen an Patienten, bei denen ein Teil des Darmes brach liegt, wo ein Dünndarm ausgeleitet wurde. So liegt ein Stück Dünn- oder Dickdarm im Bauchraum frei, ohne dass es gebraucht wird. Als Möglichkeit kann versucht werden, möglichst viel dieses Darmes in die Zirkulation zu bringen. Eine intestinale Rekonstruktion sollte immer gemacht werden, sodass Patienten, die an einem Kurzdarmsyndrom leiden, wieder hergestellt sind und auf weiterführende Maßnahmen verzichten können.

Dünndarmtransplantation (15:25)

Die Dünndarmtransplantation ist für solche Patienten auch ein Thema. Sie sehen hier schematisch, wie diese durchgeführt wird. Man transplantiert dabei Dünndarmsegmente mit den zu- und abführenden Gefäßen. Oberhalb, wo der Darm beginnt kommt das Transplantat und es wird eine Fistel gemacht, um den Zugang zur Darmschleimhaut zu ermöglichen.

 

Das Problem ist aber, dass es nur wenige Zentren gibt, die diese Operation durchführen. Es gibt ein großes Zentrum in Pittsburgh, welches sicherlich die meisten Erfahrung hat. Das Problem mit der Dünndarmtransplantation ist, dass wenn Sie ein Trauma oder eine große Resektion haben und den Bauch verschließen, die Bauchdeckenspannung dazu führt, dass der Hohlraum, dieses Platzangebot schnell wieder verloren geht. So haben Sie nach einigen Tagen keine Möglichkeit mehr, frischen Darm dort hineinzugeben, weil der Platz fehlt. Das ist auch der Grund, warum nur wenige Zentren gibt, die sich mit dieser Thematik beschäftigen.

 

Darüber hinaus ist der Darm mit den Umwelteinflüssen ein hoch immunogenes Organ, welches ständig mit den Umwelteinflüssen durch die Nahrung in Kontakt ist. Es ist ein hochkomplexes Themengebiet, das nur von sehr wenigen Spezialisten bearbeitet wird.

 

Wenn wir uns die Zahlen bis 2015 für Deutschland ansehen, dann kann man erkennen, dass nur ein einziger Patient transplantiert wurde, mehr als zehn werden nie transplantiert. Betrachtet man diesbezüglich ein Zentrum, ist es bei dieser Anzahl an Patienten insgesamt fraglich, wie gut und hoch die Erfahrungen mit dieser Form der Operationen sind. Die Dünndarmtransplantation spielt daher nur eine untergeordnete Reihe beim Kurzdarmsyndrom.

Chirurgische Optionen (18:00)

Auf diesem Bild sehen Sie einen Patienten, bei dem das Duodenum mit einem Stent ausgeleitet ist. Der Rest ist nicht verwendbares Dünndarm Konvolut, das Folgebild eines Kurzdarmsyndrom Patienten. Eine chirurgische Option bei diesen Patienten ist auch die Anlage des Stomas, wenn man eines hat. Dieses muss ordnungsgemäß ausgeführt werden, das kann man auch korrigieren, falls es nicht gut angelegt ist. Denn es führt sonst dazu, dass die Patienten nicht mehr essen, denn wenn sie essen, kommt es schnell wieder heraus. Wenn das Stoma nicht versorgbar ist, führt das zu einem Kreislauf, den man kaum durchbrechen kann.

 

Hier sehen Sie Veränderungen, die im Bereich des Stomas auftreten können. Viele haben keine Granulosum, wie es bei Crohn Patienten häufig vorkommt, was nicht nur zu Schmerzen, sondern auch zur Unversorgbarkeit des Darmausgangs führt. Folglich nehmen diese Patienten auch nichts mehr zu sich, denn sie wissen, dass wenn sie essen oder trinken, das Stoma wieder undicht wird. Man muss daher darauf achten, dass die Stoma Anlage ordnungsgemäß ausgeführt wird.

 

Hier sind Sie noch einige Beispiele wo es für die Patienten sehr schwer ist diese Ausführung als Ausführungsgänge des Darmes entsprechend zu versorgen. Auf dem nächsten Bild sehen Sie, wie ein Stoma aussehen sollte. Auf der linken Seite sehen Sie ein Dickdarm Stoma, auf der rechten Seite Nippe Stoma, aus dem Dünndarminhalt heraus kommt. Es muss so einen Nippel haben, um die Haut nicht zu reizen. Das bedeutet dieses Stoma spuckt und beim Dickdarm Stoma kann es durchaus in das Hautniveau eingenäht werden.

Zusammenfassung und Fazit (19:45)

Wenn man zusammenfasst sind die Möglichkeiten der Darmchirurgie beim Kurzdarmsyndrom limitiert. Wir Chirurgen müssen bei jeder Operation, die wir ausführen versuchen, den maximalen Darmerhalt zu gewährleisten. Wichtig ist, dass wir entsprechend gut ausgebildet sind und große Erfahrung haben, um Patienten, die wiederholt wegen eines Darmverschlusses oder Crohn Patienten, die wiederholt operiert werden müssten, so zu versorgen, dass möglichst wenig, am besten kein Darm, der Operation zum Opfer fällt.

 

Eine intestinale Rekonstruktion sollte immer durchgeführt werden, wenn Darm im Bauchraum vorhanden ist und brach liegt, um ihn wieder in die Zirkulation zu bringen. Die Transplantation ist eher eine theoretische Möglichkeit, denn es gibt sie nur für wenige Patienten.

 

Die Versorgbarkeit eines Stomas ist auch ein großes Thema. Denn die Nahrungsaufnahme und der Flüssigkeitsverlust besser, wenn die Patienten mehr essen und trinken. Solche Patienten sind oft abhängig von venösen Zugängen, um ausreichend Nährstoffe zu sich zu nehmen, eine parenterale Ernährung. Dazu braucht es eine gewissenhafte Implantation von Geräten, die ordnungsgemäß angelegt sind, um eine Infektion oder Thrombose zu verhindern. Auch die Pflege eines derartigen Zugangs ist wesentlich, um ihn lange zu halten.

 

Bei Patienten, die an einem Kurzdarmsyndrom leiden ist es wichtig, dass sie frühzeitig an eine Institutionen geschickt werden, die sich mit dieser Erkrankung beschäftigt und eine gewisse Erfahrung haben, um diese Patienten entsprechend gut versorgen zu können.

Teilnehmerfragen

1.    Ist ein chirurgischer Eingriff immer notwendig? (21:55)

Nein, denn wenn kein Darm für die Rekonstruktion zur Verfügung steht, kann man keinen chirurgischen Eingriff vornehmen, der sinnvoll ist, außer einen venösen Zugang, wie einen Port-a-Cath oder dergleichen.

2.    Wie gefährlich ist eine Darmtransplantation? (22:45)

Anhand der Bilder, die ich gezeigt habe, auch was die Frequenz betrifft, kann man sagen, dass es sich um einen komplikationsträchtiger Eingriff handelt. Er ist sehr komplex und es gibt nur wenige Zentren, die sich damit beschäftigen. Die Fallzahlen sind daher auch sehr niedrig, dass man kaum von einem Zentrum sprechen kann, wenn nur eine Transplantation pro Jahr durchgeführt wird. Es ist ein gefährlicher und seltener Eingriff und nur sehr wenige Zentren haben damit entsprechende Erfahrung.

3.    Wird es in naher Zukunft möglich sein, dass das 10-Jahres Überleben sich in der Nähe von 100% bewegt? (23:35)

Ja und ich glaube, Sie haben vor meinem Vortrag eine Gastroenterologin gehört, die Ihnen über die Möglichkeit der neuen GLP-2 Analogon erzählt hat, wo es zu einer Wucherung der Darmschleimhaut kommt. Diese führen zu einer enormen Größenzunahme der resorptiven Oberfläche. Damit kann für Patienten mit Kurzdarmsyndrom ein normales Leben gewährleisten werden. Die Zukunft sieht, was die medikamentöse Therapie betrifft, gut aus.

4.    Wird aktuell an ganz neuen Möglichkeiten der Behandlung geforscht oder ist es eher so, dass sich bereits etablierte Methoden Schritt für Schritt weiterentwickeln? (24:20)

Das schließt an die vorhergehende Frage an. Die Möglichkeiten mit Wachstumshormonen die Darmschleimhaut zu vergrößern, wird sich in nächster Zeit noch verbessern. Denn die Galenik, die Abbaubarkeit dieser Substanzen ist oftmals nicht so, wie man es gerne hätte. Schritt für Schritt werden also immer bessere Präparate hergestellt, um Patienten mit Kurzdarmsyndrom ein möglichst normales Leben zu gewährleisten.

5.    Gibt es eine Möglichkeit, wie ich selbst meine Laborwerte überwachen kann beziehungsweise würden Sie es empfehlen, sich noch engmaschiger zu überwachen, wenn es die Möglichkeit gibt? (25:10)

Es ist sehr schwer sich selbst zu überwachen, wenn Sie nicht über das nötige Labor Equipment verfügen. Nach einer gewissen Adaptierungsphase, wenn man auf eine entsprechende Verhaltensmaßnahmen oder Ernährung eingestellt ist, ist die intestinale Adaptierung nach drei Jahren abgeschlossen. Der Hauptteil der Adaptierung läuft in den ersten drei bis sechs Monaten ab. Wenn man also einmal eingestellt ist, muss man nicht so engmaschig überwacht werden, wie zu Beginn der Diagnose.

 

Denn mit der Zunahme der Zeit kommt es auch endogen zu einer Hyperplasie der Darmschleimhaut. Wir haben bei uns gute Diätologen und Gastroenterologen, die anschauliche Schemata haben, wo Kontrollen in bis vier bis achtwöchigen Abständen nach der Adaptierungsphase ausreichen sollten.

6.    Ich habe kein Kurzdarmsyndrom aber Morbus Crohn und eine Operation vor mir. Ich habe Angst, dass es in Folge zu einem Kurzdarmsyndrom kommt, gleichzeitig weiß ich, dass ich keine andere Möglichkeit habe. Kann ich irgendwas selbst im Vorfeld beitragen, um die Chancen für das Kurzdarmsyndrom so gering wie möglich zu halten? (26:35)

Sie können dazu nichts beitragen. Wer jedoch etwas beitragen kann, ist der Chirurg, der, wenn er gewisse Erfahrung hat, versuchen wird, dies möglichst zu verhindern. Ich habe Ihnen zuvor bereits die Möglichkeiten erklärt, wie befallene Segmente nicht zwangsweise “geopfert” werden müssen. Wenn es kurzstreckige Segmente sind und Sie sich an die Strikturplastiken erinnern, gibt es Möglichkeiten die resorptive Oberfläche nicht zu ändern, die Engstelle zu beseitigen und letztlich keinen Darm zu opfern.

 

In Abhängigkeit vom Befund, der sich intraoperativ zeigt, können tatsächlich große Darmresektionen verhindert werden und so Darm gerettet werden. So sind viele Operationen möglich, ohne dass ein Kurzdarmsyndrom daraus resultiert. Wenn sie also noch nie operiert worden sind, ist die Chance, dass sie nach der ersten Operation ein Kurzdarmsyndrom bekommen, äußerst gering. Oft sind nur kurze Abschnitte von einem Befall betroffen, beim ersten Mal meist das Terminale Ileum. Dort werden Sie in der Regel zwischen zehn und zwanzig Zentimeter Darm verlieren, bei einer normalen Darmlänge zwischen dreieinhalb und sieben Metern ist dies nicht belastend. Da sind Sie noch sehr weit von einem Kurzdarmsyndrom entfernt.

Verabschiedung (29:00)

Ich hoffe, dass ich Ihnen einen guten Überblick über die chirurgischen Möglichkeiten und Therapien des Kurzdarmsyndroms geben konnte, welche sich tatsächlich sehr gut entwickeln. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, danke und auf Wiederhören.

Kurzdarmsyndrom – Möglichkeiten der chirurgischen Behandlung

27.02.2022 | 15.30 – 16.00 Uhr

Zu Beginn erfolgt von Univ.-Prof. Dr. Stift eine Begriffsdefinition Kurzdarm, die auch das Darmversagen mit beinhaltet. Danach werden die Ursachen bzw. die Krankheitsbilder, die zu einem Kurzdarm führen, erörtert. Anschließend werden im Vortrag die chirurgischen Möglichkeiten der Behandlung bis hin zur Darmtransplantation dargestellt.

Hinweis: In diesem Beitrag sind Fotos/Videos von medizinischen Eingriffen zu sehen.

Vortragender

Univ.-Prof. Dr.
Anton Stift

Univ.-Prof. Dr. Anton Stift beschäftigt sich seit 1994 mit der Darmchirurgie und im speziellen mit chronischen entzündlichen Darmerkrankungen und Tumor Erkrankungen des Bauchraumes. 2007 bis 2021 war er Leiter der colorectalen Arbeitsgruppe der Universitätsklinik für Chirurgie in Wien.

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