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Leben mit Morbus Parkinson: Ein Betroffener erzählt

Reinhard Oswald, pensionierter Vertriebsmitarbeiter aus Wien mit einer tiefen Verbundenheit zur Natur, erlebte eine bedeutsame Wendung in seinem Leben, als bei ihm Morbus Parkinson diagnostiziert wurde. Er leitet eine Parkinson-Selbsthilfegruppe im 13. Bezirk. Dort engagiert er sich in der Organisation von Vorträgen, Treffen und Ausflügen, um anderen Betroffenen Unterstützung zu bieten und gemeinsam die Herausforderungen der Krankheit zu meistern.

selpers: Wie hat sich Ihr Leben durch die Diagnose Morbus Parkinson verändert?

Reinhard Oswald: Vor etwa 10 Jahren begann es, dass ich meinen linken Fuß nachschleifen ließ und meine Hand nicht mehr gut bewegen konnte, ohne Schmerzen. Zunächst vermutete ich einen kleinen Schlaganfall. Nach vielen Arztbesuchen ohne zufriedenstellendes Ergebnis wurde schließlich von meinem Wahlarzt Parkinson diagnostiziert. Der Verdacht erhärtete sich dann in der Klinik Hietzing nach einer umfassenderen Untersuchung. Anfangs war es ein schleichender Prozess. Meine Passion, das Jagen, wurde zunehmend eingeschränkter und ich musste auf große Touren verzichten. Bis 2017 habe ich gearbeitet. Meine Frau und ich hatten dann überlegt, in der Pension aufs Land zu ziehen, haben uns aber dafür entschieden, unsere Wohnung im 23. Bezirk schon vorsorglich behindertengerecht umzubauen.

selpers: Welche Strategien oder Hilfsmittel haben Ihnen geholfen, Ihren Alltag trotz der Erkrankung zu bewältigen?

Reinhard Oswald: Anpassungen im Alltag sind notwendig. Ich werde mir nun ein spezielles Besteck kaufen, welches mir beim Essen hilft. Meine Frau Helga hilft mir beim Anziehen der Socken. Wichtig ist auch, die Medikamente regelmäßig zu nehmen, um gut eingestellt zu sein. Ich bin Leiter einer Parkinson-Selbsthilfegruppe im 13. Bezirk, wo wir uns gegenseitig unterstützen und gemeinsame Aktivitäten organisieren.

selpers: Wie hat Ihr Umfeld auf die Erkrankung reagiert?

Reinhard Oswald: In der Arbeit, wo ich ein Ein-Mann-Büro hatte, konnte es niemandem auffallen, dass mein Fuß und meine Hand immer bewegungseingeschränkter wurden. Mein Umfeld, inklusive meiner Familie und Freund:innen, hat sehr unterstützend reagiert. Ich habe gelernt, offen über meine Handicaps zu sprechen und um Hilfe zu bitten, wenn nötig. Es hat zwei Jahre gebraucht, um mich zu meiner Krankheit zu bekennen. Aber das Leben geht trotz Parkinson weiter. Die Erkrankung zeigt einem die eigenen Grenzen sowieso auf und danach muss man sich ausrichten.

Online-Patientenschulungen zu Morbus Parkinson

selpers hat zusammen mit renommierten Expert:innen bereits zwei kostenlose Online-Schulungen für Betroffene und Angehörige von Morbus Parkinson erstellt. In Kürze erscheint auch eine aktuelle Schulung zum Thema „Gute Entscheidungen treffen bei Morbus Parkinson“.

Eine Übersicht zu allen Schulungen finden Sie hier: https://selpers.com/parkinson/

selpers: Arzttermine und Gespräche mit medizinischem Fachpersonal sind häufig eine Herausforderung für Patient:innen. Welche Erfahrungen haben Sie hier gemacht?

Richard Oswald: Es ist wichtig, ein gutes Verhältnis zu seinem Arzt/zu seiner Ärztin zu haben und offen für Empfehlungen zu sein. Ich bereite mich auf Termine vor, indem ich Fragen mit Hilfe eines Fragebogens notiere. Anfangs brauchte ich Zeit, um Vertrauen zu meiner neuen Ärztin aufzubauen, besonders nachdem mein vorheriger Arzt in Pension ging. Ich halte mich möglichst gut an meinen Behandlungsplan, höre aber auch auf mich selbst, ob mir etwas guttut oder nicht.

selpers: Was würden Sie anderen Betroffenen raten, die jetzt gerade ihre Diagnose bekommen haben?

Reinhard Oswald: Die Diagnose akzeptieren und aktiv bleiben. „Bewegung ist Leben“, das ist wirklich ein wahrer Spruch in der Parkinson-Therapie. Meine Familie motiviert mich sehr dazu, denn ich bin schon etwas faul und sollte eigentlich mehr tun. Ich gehe zum Beispiel regelmäßig Radfahren, so lange es noch geht. Man sollte sich auch die Meinung eines zweiten Arztes/Ärztin einholen und dann das Beste aus der Situation machen. Parkinson zeigt uns unsere Grenzen auf, aber es gibt Möglichkeiten, den „Rucksack“ etwas leichter zu machen.

Herzlichen Dank für das Interview.

Reinhard Oswald

Reinhard Oswald lebt seit etwa 10 Jahren mit der Erkrankung Morbus Parkinson. Seine Leidenschaft ist die Natur und das Jagen. Außerdem ist er Leiter einer Parkinson-Selbsthilfegruppe im 13. Bezirk.

Interview wurde geführt von:  selpers Red.

Bildnachweis: selpers