Patientenrechte verstehen und nutzen: Tipps einer Rechtsanwältin
Die Kenntnis der eigenen Rechte ist für Patient:innen von entscheidender Bedeutung, insbesondere in einer Zeit, in der das Gesundheitssystem immer stärker belastet wird. In diesem Interview sprechen wir mit Dr. Karin Prutsch-Lang, einer erfahrenen Rechtsanwältin, über die wichtigsten Patientenrechte, wie man sie durchsetzt und welche Schritte man unternehmen sollte, wenn medizinische Behandlungen verzögert oder verweigert werden. Sie gibt wertvolle Tipps, an welche Stellen man sich wenden kann und warum eine Rechtsschutzversicherung für Patient:innen eine sinnvolle Investition ist.
selpers: Warum sollte ich überhaupt meine Rechte als Patient:in kennen?
Prutsch-Lang: Wenn eine Behandlung aus irgendeinem Grund verweigert wird, obwohl sie notwendig ist, ist es wichtig, dass die Patient:innen ihre Rechte im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung und deren Durchsetzung kennen, damit sie die Behandlung rechtzeitig und in angemessener Weise erhalten.
Good to know
Patient:innen können in der Versorgung auf Herausforderungen
stoßen – gerade in einer Zeit, in der das Gesundheitssystem stärker belastet wird und es zu Veränderungen in der Gesundheitsreform mit der Einführung des Bewertungsboards kommt. Damit Sie als Patient:in die bestmögliche Behandlung erhalten, ist es wichtig, dass Sie Ihre Rechte kennen. Dafür stehen Ihnen auch verschiedene Anlaufstellen zur Unterstützung zur Verfügung wie Ombudsstellen, Patientenorganisationen, Patientenanwaltschaften und Patientenanwält:innen.
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selpers: Was habe ich für Rechte als Patient:in?
Prutsch-Lang: Alle Patient:innen haben das Recht auf eine dem Stand der Wissenschaft entsprechende, angemessene medizinische Versorgung in einem Zeitrahmen, der auch ausreicht, um einen Behandlungserfolg zu erzielen und um gesundheitliche Schäden zu vermeiden.
selpers: Welche Anlaufstellen gibt es für Patient:innen-Rechte?
Prutsch-Lang: In jedem Bundesland gibt es eine Patientenombudsstelle. Es gibt auch die Möglichkeit, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden, und zwar in erster Linie. Ich rate den Patient:innen, sich zuerst an die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt zu wenden, wenn hier ein Gespräch möglich ist. Aber wenn das nicht möglich ist, dann entweder die Patientenanwaltschaft oder eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt, der auf Medizinrecht und auf Arzthaftung spezialisiert ist.
selpers: Welchen Rat würden Sie Patientinnen auf jeden Fall mitgeben?
Prutsch-Lang: Ich rate allen Patient:innen, sich eine Zweitmeinung einzuholen, wenn sie bestimmte Beschwerden haben und die Beschwerden einfach nicht ernst genommen werden. Trauen Sie sich zu einer anderen Ärztin/einem Arzt zu gehen, damit die Beschwerden abgeklärt werden. Das Wichtigste ist die Diagnose, und dass die Diagnose feststeht. Wenn man die Behandlung, die von der Ärztin/vom Arzt als indiziert dargestellt wird, nicht bekommt oder nicht rechtzeitig bekommt, sollte man sich hier auch an eine andere Ärztin/einen anderen Arzt, an die Patientenombudschaft oder an eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt wenden. Denn heutzutage ist das größte Problem das Personalproblem. Das heißt, die Patient:innen bekommen erst in einem sehr langen Zeitfenster oder nach einer sehr langen Zeit Termine. Oft ist die Behandlung aber früher notwendig. Also es ist wichtig, dass Sie sich hier rechtzeitig, bevor ein gesundheitlicher Schaden eintritt, an die oben genannten Stellen wenden.
Was ich Patient:innen auch dringend empfehle, ist, dass jede:r eine Rechtsschutzversicherung abschließt. Denn wenn man einmal einen Rechtsbeistand benötigt, übernimmt die Rechtsschutzversicherung dafür die Kostendeckung und damit das Risiko. Solche Versicherungen sind im Prinzip günstig. Wir reden hier von ca. 20 € im Monat – damit haben die Patient:innen aber die Rechtsschutzdeckung und man kann dann auch vorgehen. Ansonsten sind Prozesse, die man gegen Ärzt:innen oder Krankenhäuser verliert, immer mit einem hohen Kostenrisiko verbunden. Deshalb ist eine Rechtsschutzversicherung etwas ganz Wichtiges für alle Patient:innen.
Herzlichen Dank für das Interview.
Dr. Karin Prutsch-Lang (Rechtsanwältin)
Dr. Karin Prutsch-Lang hat das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften (fächerübergreifend mit Medizin) an der Karl-Franzens-Universität Graz mit Auszeichnung abgeschlossen. Sie ist seit Jahren eine anerkannte und erfolgreiche Spezialistin im Bereich Arzthaftungsrecht sowie Strafrecht. Zahlreiche Bücher, Fachpublikationen, sowie Zeitungsberichte und ihre umfangreiche Vortragstätigkeit belegen ihr fundiertes Fachwissen sowie die emotionale Stärke, mit der sie sich für ihre Klienten einsetzt.