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Parkinson am Geruch erkennen

Zeit um dankbar zu sein

Parkinson wird meist erst spät diagnostiziert. Die Krankheit befindet sich dann schon häufig in einem fortgeschrittenen Stadium. Studien geben jetzt Hoffnung auf eine frühere Diagnose: die Krankheit kann man auch am Geruch erkennen.

Es ist keiner tierischen Spürnase zu verdanken, dass die Forschung zur Frühdiagnostik von Parkinson in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat. Joy Milne, eine pensionierte Krankenschwester aus Schottland hat schon lange Zeit vor dem Ausbruch der Krankheit Parkinson bei ihrem Mann gemerkt, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Er hatte einen anderen Geruch. Erst als sie ihn Jahre später zu einer Selbsthilfegruppe für Parkinsonerkrankte begleitete, fiel ihr auf, dass alle Erkrankten gleich rochen. 2017 hat sie mit ihrer Fähigkeit ein Forschungsteam aus Manchester unterstützt, welches die Entwicklung eines Früherkennungs-Tests zum Ziel hatte und dafür den Talg von 64 Freiwilligen, darunter 43 ParkinsonpatientInnen analysierte.

Nicht jeder Mensch ist in der Lage, die Erkrankung zu riechen. Wieso Joy Milne diese Fähigkeit besitzt, bleibt ungeklärt. ForscherInnen bezeichnen sie als „super-smeller“ (Super-Riecher). Bisher konnten sie herausfinden, dass der Geruch, den Milne als mochusartig und leicht holzig beschrieben hat, auf Hauttalg zurückzuführen ist. Gerade an Körperstellen mit besonders hoher Talgproduktion wie Stirn oder oberem Rücken soll der Geruch deutlicher wahrgenommen werden können. Die Überproduktion von Talg gehört zu den nicht-motorischen Symptomen von Parkinson. Für die Studie haben die ForscherInnen den Nacken der TeilnehmerInnen mit einem Mulltuch abgetupft, um den Talg zu erfassen. Diesen haben sie dann erhitzt, die Moleküle aufgefangen und durch eine spezielle Methode (Thermal Desorption Gas Chromatography Mass Spectrometry) getrennt und analysiert. Die drei Substanzen Eicosan, Hippursäure und Octadecanal wurden dabei am häufigsten bei Parkinsonerkrankten festgestellt.

Späte Diagnosen und späte Behandlung bei Parkinson

Warum diese drei Substanzen vermehrt im Talg der Erkrankten vorkommen und einen spezifischen Geruch auslösen, darüber können ForscherInnen bislang nur spekulieren. Es könnte an der für Parkinson typischen Veränderung der Hautflora liegen.

Bis die Parkinson-Krankheit diagnostiziert wird, können Jahre vergehen. Das hängt mit den eher unspezifischen, nicht-motorischen Symptomen am Anfang der Erkrankung zusammen. Anfängliche Symptome können Störungen des Geruchssinns, Verstopfung, Schlafstörungen oder Erschöpfung sein. Auch eine Beeinträchtigung der Denkleistung und eine erhöhte Talgproduktion sind typisch. Erst wenn sich die motorischen Symptome wie Muskelzittern, Starre und Schwierigkeiten bei der Bewegung zeigen, kommt es in der Regel zur Diagnose. Dazu wird eine neurologische Untersuchung durchgeführt, welche die Bewegungen der Person in den Fokus stellt.

Forschung zu Frühdiagnosen haben Potential

Biomarker, also messbare Parameter biologischer Prozesse, wie in diesem Fall der Geruch von PatientInnen, sind bisher die einzige Möglichkeit für eine Diagnose vor Auftreten der Symptome. Deshalb könnte eine solche Erkennung über Biomarker, der Schlüssel zu einer frühen und einfachen Diagnose sein. Bei einer Parkinsonerkrankung können bisher zwar nur die Symptome behandelt werden, aber eine frühe Diagnose würde die Therapiechancen von Menschen mit Parkinson verbessern. So kann dem Dopaminabbau und seinen Folgen frühzeitig entgegengewirkt werden.

Fortschritte in der Diagnostik von Parkinson im Anfangsstadium können für die Erkrankten zu einer wesentlichen Verbesserung der Lebensqualität führen, da den körperlichen Begleiterscheinungen früh genug vorgebeugt werden kann. Parkinson gehört neben Demenz zu den häufigsten Erkrankungen des Nervensystems in unserer westlichen Gesellschaft und ForscherInnen vermuten, dass sich die Zahlen über die kommende Generation sogar noch verdoppeln werden. Ein Fortschritt in diesem Forschungsfeld hat deshalb Potential, das Leben unzähliger Menschen grundlegend zu verändern.

 

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Autorin: Dr. med. Iris Herscovici

Bildnachweis: softulka