Mit Herz und Fachwissen: Die wertvolle Arbeit der Breast-Care Nurses

selpers: Wie kann ich als Patient:in die Betreuung durch eine Breast-Care Nurse in Anspruch nehmen?

Susanna Lena: Die Betreuung wird in zertifizierten Brustgesundheitszentren angeboten. Nach einer Diagnose wird Patient:innen meist automatisch eine Breast-Care Nurse zugeteilt. Sollte dies nicht der Fall sein, empfehle ich, direkt bei Ärzt:innen oder in der Klinik nachzufragen. Die Zusammenarbeit mit einer Breast-Care Nurse kann während der gesamten Behandlung – und darüber hinaus – eine wertvolle Unterstützung sein. Wichtig ist, dass Betroffene wissen: Dieses Angebot steht allen offen und hilft dabei, den oft komplexen Behandlungsweg zu strukturieren und zu erleichtern.

selpers: Wie passen Sie Ihre Beratung und Betreuung an die unterschiedlichen Wissensstände der Patient:innen an?

Susanna Lena: Jede:r Patient:in bringt einen individuellen Wissensstand und unterschiedliche Fragen mit. Mein Ziel ist es, die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade stehen. Ich beginne mit einem offenen Gespräch, um ihre Bedürfnisse und Unsicherheiten zu verstehen. Medizinische Themen erkläre ich klar und verständlich, passe die Tiefe der Informationen individuell an. Manchmal geht es darum, eine komplexe Therapie verständlich zu machen, manchmal braucht es vor allem Zuversicht und Orientierung. Wichtig ist, dass sich niemand allein gelassen fühlt – ob bei medizinischen Details oder alltäglichen Fragen.

selpers: Wie gehen Sie darauf ein, die individuellen Bedürfnisse jeder Patient:in zu berücksichtigen?

Susanna Lena: Jede Brustkrebs-Erkrankung ist individuell, und genauso ist es meine Betreuung. Ich nehme mir die Zeit, um zuzuhören und die persönlichen Prioritäten der Betroffenen zu verstehen. Manche Patient:innen benötigen Hilfe bei der Bewältigung von Nebenwirkungen, andere Unterstützung bei emotionalen Themen wie dem Umgang mit Veränderungen des Körperbildes. Gemeinsam entwickeln wir Strategien, die zu ihrem Leben passen – sei es durch praktische Tipps, emotionale Begleitung oder den Kontakt zu weiteren Expert:innen. Es ist mein Anspruch, dass jede:r Patient:in eine Betreuung erhält, die genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist.

selpers: Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrer täglichen Arbeit?

Susanna Lena: Die größte Herausforderung ist der Spagat zwischen den komplexen Bedürfnissen der Patient:innen und den zeitlichen sowie organisatorischen Rahmenbedingungen des Klinikalltags. Viele Betroffene und Angehörige sind emotional stark belastet, und es braucht Empathie und Ruhe, um in diesen Momenten für sie da zu sein. Gleichzeitig erfordert der medizinische Fortschritt eine kontinuierliche Weiterbildung, um stets auf dem neuesten Stand zu bleiben. Trotz dieser Herausforderungen überwiegt für mich die Freude, Menschen in einer belastenden Lebensphase zur Seite stehen zu dürfen.

selpers: Was motiviert Sie, trotz der Herausforderungen jeden Tag mit Engagement tätig zu sein?

Susanna Lena: Die Patient:innen selbst sind meine größte Motivation. Es ist unglaublich berührend, zu sehen, wie Frauen – und auch Männer – trotz der Diagnose Stärke entwickeln und ihren Weg finden. Ihre Dankbarkeit, ihr Vertrauen und die Gewissheit, dass meine Arbeit ihnen Halt und Orientierung gibt, treiben mich an. Jeder Mensch, dem ich helfen kann, erinnert mich daran, wie wertvoll dieser Beruf ist.

selpers: Welche Veränderungen würden Sie sich wünschen, um die Betreuung weiter zu verbessern?

Susanna Lena: Ich wünsche mir, dass die Rolle der Breast-Care Nurse in Österreich noch stärker in der Öffentlichkeit und im Gesundheitssystem verankert wird, damit alle Patient:innen und ihre Angehörigen frühzeitig von dieser wertvollen Unterstützung erfahren. Je mehr Menschen wissen, dass diese spezialisierte Betreuung verfügbar ist, desto mehr können davon profitieren und sich in einer herausfordernden Zeit begleitet und unterstützt fühlen.

selpers: Wie hat sich Ihr Beruf in den letzten Jahren verändert, und wie sehen Sie die Zukunft?

Susanna Lena: In den letzten Jahren hat sich die Rolle der Breast-Care Nurse deutlich etabliert in Österreich. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit wurde gestärkt, und die Patient:innenorientierung rückt immer mehr in den Fokus. Mit den Fortschritten in der Onkologie werden sich unsere Aufgaben weiterentwickeln, und ich sehe großes Potenzial in der vorgesehenen Digitalisierung, die beispielsweise die Nachsorge erleichtern und die Vernetzung verbessern wird. Gleichzeitig bleibt die persönliche Betreuung unverzichtbar – denn sie ist der Kern unserer Arbeit.

selpers: Gibt es etwas, das Sie Brustkrebs-Betroffenen mit auf den Weg geben möchten?

Susanna Lena: Ja, das Wichtigste ist: Sie sind nicht allein. Brustkrebs ist eine große Herausforderung, aber es gibt ein starkes Netzwerk, das Sie unterstützt – von Ärzt:innen über Breast-Care Nurses bis hin zu Selbsthilfegruppen. Scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Vertrauen Sie auf Ihre eigene Stärke, aber nehmen Sie auch die Unterstützung an, die Ihnen zusteht. Jeder kleine Schritt zählt, und gemeinsam schaffen wir es, den Weg so gut wie möglich zu gestalten.

Herzlichen Dank für das Interview!