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Patienten-Empowerment – Aktive Beteiligung an Entscheidungen

Patienten-Empowerment Empowerment ist ein Begriff, der nicht nur in der Medizin inzwischen oft verwendet wird. Wörtlich übersetzt heißt Empowerment in etwa “Bevollmächtigung” oder “Ermächtigung” und wurde früher hauptsächlich dann verwendet, wenn damit im beruflichen Umfeld die Übertragung von Verantwortung von Vorgesetzten auf Untergebene gemeint war. Was bedeutet also in diesem Zusammenhang Patienten-Empowerment? 

Heute wird der Begriff viel umfassender genutzt und zwar immer dann, wenn Eigen-Verantwortung und Selbständigkeit gefördert werden sollen.

Was bedeutet Patienten-Empowerment?

Im medizinischen Bereich bedeutet Empowerment, dass Patienten dazu ermutigt werden, sich an allen Entscheidungen rund um die Erkrankung zu beteiligen. Studien zeigen, dass die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung steigen, wenn Patienten in die medizinischen Entscheidungen mit einbezogen werden (1). Zum Patienten-Empowerment gehören also alle Aktionen von Patienten selbst, von deren Ärzten oder von Gesundheitsorganisationen, die darauf abzielen, dass Betroffene besser über die Krankheit und Behandlung informiert sind und selbständiger in Bezug auf die Erkrankung handeln können.

Ein wichtiger Punkt dabei ist auch das Self-Empowerment für Patienten. Denn Kranke können selbst viel zu ihrer Genesung beitragen. Wissenschaftliche Studien zeigen die positive Wirkung von Bewegung (2), Entspannung (3) und Ernährung. Die Stärkung der Selbstheilungskräfte und der psychischen Widerstandskraft hilft dabei, Erkrankungen nicht nur zu bewältigen, sondern dabei auch eine möglichst hohe Lebensqualität zu erhalten. Menschen, die sich damit aktiv beschäftigen, nennen wir die selpers, also sozusagen die „Selbst-Helfer“ (von englisch self = selbst, help = Hilfe). Dabei geht es um einen eigenständigen Beitrag der Patienten zur Genesung als Ergänzung (und nicht als Konkurrenz) zu den medizinischen Leistungen.

Gesundheitskompetenz – Wie finde ich meinen ganz persönlichen Weg in der Krankheit?

Einer der wichtigsten Punkte im Patienten-Empowerment ist es, eine höhere Gesundheitskompetenz zu vermitteln. Dazu gehört die Fähigkeit, alle wichtigen Informationen über die Krankheit und Therapie verstehen und beurteilen zu können. Nur wer gut informiert ist, kann eigenverantwortlich entscheiden, selbst seine Gesundheit fördern, die passenden Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen und seinen ganz persönlichen Weg in der Krankheit finden.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fasst einen 2016 erstellten Bericht mit folgender Aussage zusammen: „Gesundheitskompetenz ist als Prädiktor für den Gesundheitszustand einer Person aussagekräftiger als Einkommen, Beschäftigungsstatus, Bildungsniveau, Rasse oder Ethnie.“ Das heißt: Wie gut wir informiert sind, trägt maßgeblich zu unserer Gesundheit bei. Allerdings hat genau hier das Gesundheitssystem leider Defizite. Das zeigt auch eine Studie der weltweit bekannten Mayo Clinic. Bei einer Befragung von über 100 Krebspatienten gab der Großteil der Patienten an, dass sie sich nur unzureichend informiert fühlen, wenn es um das Verständnis der Erkrankung, Untersuchungsmethoden, Ernährung, Stressbewältigung und Umgang mit Fatigue (Erschöpfungssyndrom) geht (4). Dies besserte sich, nachdem die Patienten an einem Informationsseminar teilnahmen.

Das bedeutet Patienten-Empowerment im Alltag

Patienten-Empowerment zeigt nachweislich Wirkung. Komplikationen werden vermieden, Krankenhausaufenthalte verkürzt und die Lebensqualität verbessert. Eine Studie des Charité-Klinikums in Berlin gibt ein gutes Beispiel: Ältere Krebspatienten erhielten zusätzliche genesungsfördernde Informationen und profitierten deutlich davon (5). Sie hatten zum Beispiel weniger Schmerzen nach der Operation. Durch richtige Entscheidungen rund um die Erkrankung, Informationen über die korrekte Einnahme von Medikamenten, aber auch durch Sport, Stressbewältigung, die Nachsorge nach Behandlungen und die Ernährung vor, während und nach Therapien können Sie selbst viel zu Ihrer Krankheitsbewältigung beitragen. Werden Sie aktiv und nutzen Sie alle Ressourcen.

(1) Nielsen-Bohlman et al. (ed.). Health Literacy: A Prescription to End Confusion. National Academies Press 2004. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25009856

(2) Ballard-Barbash et al. Physical Activity, Biomarkers, and Disease Outcomes in Cancer Survivors: A Systematic Review. J Natl Cancer Inst. 2012 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22570317

(3) S3-Leitlinie: Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten,AWMF-Registernummer: 032/051OL http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Psychoonkologie.59.0.html

(4) Padrnos et al. Living with Cancer: an Educational Intervention in Cancer Patients Can Improve Patient-Reported Knowledge Deficit. J Cancer Educ 2016. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27730534

(5) Schmidt et al. Patient Empowerment Improved Perioperative Quality of Care in Cancer Patients Aged ≥ 65 Years – A Randomized Controlled Trial. PloS One 2015. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26378939

Autorin: Dr. med. Iris Herscovici

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