Experten-Sprechstunde: Lungenkrebs & Coronavirus

Mitschnitt des Livestreams vom 03. April 2020

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair, Facharzt für Lungenkrankheiten, beantwortet in diesem Livestream die wichtigsten Fragen rund um Lungenkrebs und Coronavirus.

OA Dr. Hochmair ist als Facharzt für Lungenkrankheiten Leiter der onkologischen Ambulanz/Tagesklinik, Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie Krankenhaus Nord. Außerdem leitet er den Arbeitskreis für Pneumologische Onkologie der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie.

Mit freundlicher Unterstützung von:

Video Transkript

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair
Dr. med. Iris Herscovici
Experten-Sprechstunde „Lungenkrebs und Coronavirus“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Danke, dass Sie das organisieren als selpers, weil sehr viele Fragen derzeit von den Patienten in Bezug auf Lungenkrebs und Covid-19 an uns herangetreten werden. Und darum bin ich ganz glücklich, dass Sie sich dem angenommen haben und sich jetzt um dieses Thema kümmern. Für mich selber jetzt ein Neuland, hier zu sprechen in dieser Form. Ich hoffe, es funktioniert für die Patienten so in der Form sehr gut, und bemühe mich, halbwegs das zu machen.

Mein Name ist Maximilian Hochmair. Ich bin Lungenkrebsexperte, bin vom Otto-Wagner-Spital ins Krankenhaus Nord vor einem halben Jahr übersiedelt. Wir haben hier ein Lungenkrebszentrum in Villach aufgebaut, das also so übernommen, und haben über das letzte halbe Jahr sehr gute Aufbauarbeit geleistet, um unsere Patienten bestmöglich zu versorgen. Und so wie es jedem zur Zeit in Österreich leider Gottes geht, hat auch dieser saublöde Virus, verzeihen Sie mir diesen Ausdruck, uns alle in den Bann gezogen und sehr viele logistische und organisatorische Dinge gekostet. Und ich freue mich jetzt auf die Diskussion über diesen Virus, wie er uns in Arbeit und wie er die Patienten im täglichen Leben beeinflussen wird

Dr. med. Iris Herscovici

Vielen Dank an Sie zu Hause, dass Sie drangeblieben sind. Wir haben jetzt die Technik offensichtlich im Griff, und ich hoffe, Sie verstehen uns jetzt alle gut.

Herr Dr. Hochmair, man hört immer wieder, dass das Coronavirus nicht zu vergleichen ist mit dem Grippevirus und viel gefährlicher ist. Was macht das Coronavirus eigentlich so gefährlich und was passiert im Körper, wenn man sich mit dem Coronavirus ansteckt?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Initial hat man angenommen, dass die Influenza und der Coronavirus gut vergleichbar sind. Und dadurch hat man auch jetzt am Anfang nicht so heikel Vorsichtsmaßnahmen getroffen.

Was der Unterschied ist zwischen der Influenza und dem Coronavirus, ist

  • dass das Influenza schon länger bekannt ist,
  • es besteht eine Impfung,
  • und durch die Impfung können schwere Verläufe verhindert werden.

Nichtsdestotrotz sind nur 15 Prozent der Österreicher gegen die Influenza geimpft. Und darum ist die Influenza noch genauso eine gefährliche Erkrankung.

Aber die Influenza kennen wir schon seit Jahrzehnten und ist kein Neuland.

Auf der anderen Seite: Das Coronavirus ist eine Erkrankung, ähnlich aber auch wie bei der Influenza eine Erkrankung, die vor allem ein hohes Risiko beinhaltet für Patienten, die Vorerkrankungen schon aufweisen und vor allem ältere Patienten betrifft auf der einen Seite.

Es gibt drei Arten der Verläufe:

  • Der eine Patient ist asymptomatisch, hat keine Beschwerden. Wie viele Patienten das tatsächlich sind, wissen wir in Österreich noch nicht, da wir nicht alle Patienten testen können. Aber es gibt eben Patienten, die asymptomatisch sind, keine Beschwerden haben und dadurch einen Träger darstellen. Man glaubt, dass als gesunder Patient, dass mich jemand da eben nicht anstecken kann oder wenn man selber befallen ist, jemanden nicht anstecken kann.
  • Dann gibt es diesen Verlauf der Patienten, die einen Verlauf haben, die Beschwerden machen und vielleicht auch ein Spital brauchen, eine Spitalsversorgung. Ungefähr zehn Prozent unserer Patienten brauchen dann im Rahmen der Entzündung ein Spital und haben dann eben typische Beschwerden wie Fieber, Husten und Atemnot wären so die typischen Beschwerden, auch 40 Prozent haben auch gastrointestinale Beschwerden, also Übelkeit, derartige Dinge. Typischerweise Schnupfen tritt seltener auf, was es ein bisschen zur Differentialdiagnostik hilfreich macht.
  • Und aber leider Gottes, und in Österreich sind es zwei Prozent der Entzündungen, brauchen auch eine Intensivstation. Und das ist eben deutlich mehr als bei der Influenza, wo viele Patienten eine Intensivstation brauchen und dadurch die Kapazitäten dann sehr begrenzt sind. Und darum sind eben diese Vorschläge der Regierung gekommen, dass wir versuchen, die Ausbreitung zu verhindern, um genug Intensivressourcen zur Verfügung zu stellen.

Dr. med. Iris Herscovici

Es wird auch immer wieder erwähnt, dass die Krebspatienten zur Risikogruppe gehören. Warum sind Krebspatienten stärker gefährdet?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Wir wissen, dass Patienten generell, die gewisse Erkrankungen aufweisen, höher gefährdet sind. Man sagt auch, die Raucher zum Beispiel sind besonders gefährdet. Aber weil das Rauchen eben Erkrankungen mit sich bringt. Das Rauchen bringt mit sich die COPD, bringt Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit sich, andere Erkrankungen. Dadurch sind Patienten, die eben schon von vorneherein andere Erkrankungen haben, besonders gefährdet. Der Lungenkrebs selber ist auch ein erhöhtes Risiko, nicht so hoch jetzt im Vergleich zur COPD oder zu kardiovaskulären Erkrankungen. Aber Patienten mit Lungenkrebs haben ja manchmal nicht nur andere den Lungenkrebs, sondern andere Erkrankungen, und dadurch müssen die Lungenkrebspatienten besonders auch aufpassen — nur mit dem Lungenkrebs alleine, aber auch eben mit anderen Erkrankungen.

Dr. med. Iris Herscovici

Da haben wir auch gleich zwei Fragen dazu, weil sehr viele Lungenkrebspatienten fragen, ob sie noch gefährdeter sind als andere Krebspatienten.

„Sehr geehrter Herr Dr. Hochmair, ich hatte vor zehn Jahren ein Adenokarzinom, wodurch mir rechts das obere Drittel der Lunge entfernt wurde. Habe ich ein erhöhtes Risiko? Und auf welche Signale sollte ich achten?“

Die zweite Frage: „Ich bin Lungenkrebspatient mit einer ALK-Mutation in Therapie. Bin ich Hochrisikopatienten bzw. muss ich gegebenenfalls mit einem schweren Verlauf bei einer Corona-Infektion rechnen?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Danke für diese ganz relevanten Fragen, ganz wichtige Fragen, die ich tagtäglich beantworten muss.

Auf Basis von wissenschaftlichen Daten ist es sehr schwer, diese Frage zu beantworten. Es gibt 2.000 Patienten, die infiziert waren in Wuhan, an 3 Spitälern versorgt worden sind. Diese Daten sind gesammelt worden. Man hat gesehen, dass etwa 18 Patienten einen Lungenkrebs hatte. Ein Teil hatte eine Vorerkrankung und sind in geheiltem Zustand gewesen, ein anderer Teil, die Hälfte ungefähr, hatten eine laufende Krebserkrankung. Ich rede hier über neun Patienten vor 2.000, also jetzt keine große Datensammlung. Was man aber sagen kann, ist, dass Patienten, die einmal eine Lungenkrebs-Erkrankungen hatten und die „ausgeheilt“ ist, haben ein höheres Risiko als ein Patient, der keine Vorerkrankungen hat. Das ist also ein höheres Risiko.

Doppelt so hoch ist das Risiko, wenn man eine Lungenkrebserkrankung im Stadium IV oder unter einer laufenden antitumorösen Therapie hat. Also Patienten, die unter einer Therapie laufen oder eine aktive Krebserkrankung haben, haben ein nochmal erhöhtes Risiko. Aber eine laufende Erkrankung stellt eben auch höheres Risiko dar als wenn man gesund ist. Drum gelten für jeden Patienten generell, aber gerade für die lungenerkrankten Patienten und hier vor allem für die Lungenkrebspatienten, die Auflagen, die die Regierung ganz klar kommuniziert hat, besonders hier aufzupassen, und auch Lungenkrebspatienten haben ein deutlich höheres Risiko als die Patienten, die sonst als gesund gelten.

Das war die eine Antwort — höheres Risiko für Patienten, die schon bereits einmal eine Krebserkrankung gehabt haben, aber die zum Glück überstanden haben.

Die zweite Antwort, hier diese ALK-Mutation. Eine ALK-Mutation betrifft vor allem Nieraucher, jüngere Patienten im Alter zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr, die aus dem Leben gerissen werden, nie eigentlich geraucht haben oder sehr selten geraucht haben und dadurch vollkommen aus den Wolken fallen, warum sie jetzt auf einmal so eine Erkrankung haben.

Jetzt macht die ALK-Mutation zwei Prozent aller jungen Lungenkrebspatienten aus. Wenn ich jetzt sage: Ich habe da Daten zu 18 Prozent, die Lungenkrebs hatten aus Wuhan, da wirklich wissenschaftliche Daten herauszuholen, ist sehr schwer.

Was ich aber sagen kann, ist, dass Patienten mit dieser ALK-Mutation meistens mit den Tabletten zu einer Vollremission führen, also Patienten haben dann kaum mehr Tumoren nachweisbar und dadurch eine sehr gute Tumorkontrolle, was dazu führt, dass das Risiko sicher niedriger ist als bei einer stark metastasierten Erkrankung, die nicht nicht kontrolliert ist, aber trotzdem hier besondere Vorsicht zu bieten.

Ganz entscheidend ist, und diese Message oder diese Nachricht möchte ich jedem Patienten geben: Man soll nicht aufhören, den Lungenkrebs trotz Covid-19 aufhören zu behandeln und aufhören zu diagnostizieren. Ganz entscheidend ist: Die Mortalität eines Lungenkrebs ist weit aggressiver als eine Covid-Infektion. Das heißt: Wir werden nicht aufhören, Patienten mit Lungenkrebs zu behandeln und Patienten bei einem Verdacht zu diagnostizieren. Das ist ganz entscheidend.

Dr. med. Iris Herscovici

Es gibt auch eine Reihe Fragen zum Thema Therapieblock, wenn ich Sie da kurz unterbrechen darf. Aber sehr viele Fragen gehen jetzt auch mal in Richtung: Wie kann ich mich denn schützen? Welche Maßnahmen sollten Lungenkrebs-Patienten treffen, um sich zu schützen? Und müssen sie wirklich die ganze Zeit zuhause bleiben? Eine Beispielfrage in diese Richtung: „Ich habe ein Bronchialkarzinom, 42 Bestrahlungen und 7 Chemos, kann nicht operiert werden. Wie gefährlich ist es für mich, einkaufen oder spazieren zu gehen? Welche Vorkehrungen kann und muss ich besonders beachten? Ich bin 72 Jahre alt und weiblich.“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Diese Dame ist natürlich, tut mir leid, dass Sie diese Erkrankung haben, auf der anderen Seite ein Hochrisikopatient. Ganz klar: alle Risikofaktoren – Chemotherapie, Strahlentherapie, Lungenkrebs — sind ein Hochrisikogebiet.

Die Regierung hat das auch sehr klar auf den Webseiten dargestellt, welche Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sind: Man darf, wenn man die Auflagen erfüllt, hinausgehen, und man darf spazieren gehen, den Abstand halten, sehr rigoros, ja vorsichtig den Abstand halten. Man darf hinausgehen. Aber Einkäufe sollten tunlichst andere erledigen und nicht man selber. Man wird narrisch, wenn man in den 4 Wänden permanent bleibt, und es ist auch wichtig, dass man sich regelmäßig bewegt. Man weiß, dass Patienten, die sich regelmäßig bewegen, auch ein besseres Gesamtüberleben haben. Das heißt: Die Bewegung ist richtig, aber an Hand der Auflagen, die es gibt:

  • Abstand halten,
  • nur mit diesen Menschen, mit denen man immer im Haushalt gewohnt hat, zusammenleben,
  • keine Menschen nach Hause einladen,
  • keine jüngeren, vor allem, wo man glaubt, die haben eh nichts, ins Haus, in die vier Wände hineinlassen,
  • immer Abstand halten, immer mindestens, ich sage immer mindestens zwei Meter Abstand, wenn nicht besser drei Meter Abstand halten,
  • die Einkäufe sollte wer anders erledigen,
  • mit dem Menschen, mit dem man zusammenlebt, ruhig spazieren gehen. Das tut gut, tut der Seele gut, tut der Erkrankung gut, und tut dem Körper gut. Drum bitte unbedingt machen! Rausgehen — mit der nötigen Vorsicht.

Was entscheidend ist: Die Erkrankung wird über zwei Wege übertragen.

  • Der eine Weg ist über die Atemwege. Das heißt: Wenn jemand hustet, niest, kann die Übertragung hier erfolgen, wenn man in der Nähe ist. Darum ist eben diese Maskenpflicht von der Regierung jetzt gekommen. Diese OP-Masken, die man sich aufsetzt, dienen nicht, um sich selber zu schützen, sondern diese Masken dienen, um den anderen zu schützen. Das heißt: Wenn ich niese oder huste oder spreche, sollen die Viren nicht herum vertrieben werden, sondern werden durch die Maske aufgehalten. Drum ist dieser Schutz nicht für einen selber, sondern für die anderen. Und da gibt es auch Masken mit einem Ventil. Dieses Ventil soll nur helfen, besser Luft zu bekommen. Aber über dieses Ventil können genauso Dinge austreten. Drum: Den Abstand auch bei Menschen halten, die dieses Ventil haben. Das ist die eine Art: Über die Atemwege kann die Infektion auftreten.
  • Andererseits kann die Infektion über Schmierinfektionen auftreten: Jemand hustet in die Hand, greift auf eine Türschnalle, greift wohin, der greift dann wohin, man greift sich dann ins Auge, ist da eben da die Gefahr, das heißt, wenn man draußen ist, sich möglichst nie ins Gesicht fahren. Wen man nach Hause kommt, sofort die Hände waschen und die Einkäufe oder notwendige Dinge alle unterlassen. Spazieren gehen ja, aber irgendwelche öffentlichen Räume tunlichst immer hinten anhalten.

Entscheidend ist: Der Virus ist auch nicht sehr stabil. Das heißt: Wenn man sich die Hände wäscht mit Seife, lauwarmes Wasser mit zumindest 30 Sekunden, ist dieser Virus zum Großteil zerstört. Das heißt, man muss jetzt nicht dauernd ein Desinfektionsmittel sich auf die Finger legen, sondern wenn man hinausgegangen ist: Nach Hause kommen, Hände waschen, 30 Sekunden lang, lauwarmes Wasser mit Seife, ist das ausreichend, und wirklich alle Seiten der Hand bis hinauf (zum Ellenbogen) waschen. Desinfektionsmittel ist genauso gut für die Hände und zerstört den Virus genauso. Kann man genauso zusätzlich oder alleine macht.

Dr. med. Iris Herscovici

Jetzt muss ich aber doch einhaken: Sie haben es vorher angesprochen. Menschen, mit denen man im gleichen Haushalt wohnt. Und manche Patienten haben Sorge, dass die Gefahr durchaus im eigenen Haushalt lauern könnte, und in die Richtung geht auch die nächste Frage: „Mein Mann muss arbeiten und ist mit anderen Menschen in Kontakt. Er könnte sich dort ja auch anstecken. Wie kann ich mich vor einer Ansteckung im Haushalt schützen?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Da ist ganz entscheidend, dass der Mann ordentlich alle Richtlinien, die von der Regierung auf der ORF-Webseite oder auf anderen Webseiten zu finden sind, immer ordentlich einhält und besonders vorsichtig ist, damit er diesen Virus nicht nach Hause mitnimmt. Wenn er auch diesen Abstand hält, alle Vorsichtsmaßnahmen trifft, regelmäßig Hände wäscht, ist eine Virusinfektion sehr unwahrscheinlich und nimmt dadurch den Virus nicht mit nach Hause.

Wenn sich alle Menschen an diese Auflagen halten, haben wir dieses Problem nicht mehr.

Leider ist es so, dass 95 Prozent der Menschen sich daran halten, 5 Prozent leider schlampert sind.

Dr. med. Iris Herscovici

Viele Fragen sind auch in Richtung Impfungen gegangen. Wenn man jetzt nicht Grippe-geimpft ist oder nicht Pneumokokken-geimpft ist, macht es jetzt noch Sinn, so eine Impfung nachzuholen.

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Also jeden Weg zum Arzt oder ins Spital, der nicht zwingend notwendig ist, würde ich jetzt unterlassen, und darum würde ich jetzt auch für die Impfung nicht explizit, im nächsten Monat, wenn man noch nicht geimpft ist, jetzt nicht gehen. Influenza- oder die Pneumokokken-Impfung schützt nicht vor einer Coronavirus-Infektion. Es ist ratsam für Risikopatienten, Influenza und Pneumokokken zu impfen. Da fährt die Eisenbahn drüber. Bei dem Statement bleibe ich, unabhängig von der Coronavirus-Infektion. Aber wenn man jetzt den Weg vermeiden kann, würde ich ihn meiden. Und dann, wenn sich die Situation hier hoffentlich sich einmal beruhigen wird, dann sollten diese Impfungen erfolgen.

Ich hoffe, dass es dann auch schon eine Corona-Impfung gibt, wo man das dann auch sequenziell durchführen kann.

Dr. med. Iris Herscovici

Viele Fragen gehen auch in Richtung stärkeres Risiko und Krebsbehandlung. Sie haben die Krebsbehandlung ja vorher schon angesprochen, und auch die Frage kommt immer wieder: „Habe ich eigentlich ein größeres Risiko, mich anzustecken, wenn ich in einer Krebsbehandlung bin?“ Und dazu auch eine Frage von einem Patienten: „Hallo, Herr Dr. Hochmair, mein Bronchialkarzinom wird zurzeit mit einem TKI behandelt. Haben TKI auch Einfluss auf das Immunsystem, und ist damit die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus größer?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Prinzipiell kann ich da jetzt keine Daten nennen. Ich glaube, dass die Infektionsanfälligkeit für alle Patienten, für alle Menschen gleich ist.

Der Verlauf der Erkrankung ist dann nur unterschiedlich. D.h. die Infektionswahrscheinlichkeit, dass ich einen Virus kriege, ist bei jemanden gleich, ob er jetzt gesund ist oder ein Risiko hat. Auf der anderen Seite der Verlauf kann eben dramatischer sein.

Und wenn man jetzt eben eine Chemotherapie hat, hat man ein reduziertes Immunsystem, und darum ist der Verlauf möglicherweise, und das suggerieren wenige Daten, eben unter Chemotherapie schwerer.

Auf der anderen Seite zu Daten zur Immuntherapie oder Daten zur zielgerichteten Therapie gibt es derzeit keinen Hinweis. Es gibt einen Fall, der publiziert worden ist, auch aus dem Gebiet Wuhan, wo ein Patient eine EGFR-Mutation gehabt hat und eine sequenzielle, also zwei unterschiedliche Tabletten mit einem Tyrosinkinase, mit einem TKI bekommen hat und hier diese Erkrankung trotz Intensivstation gut überlebt hat. Das ist der einzige Fall, der derweil beschrieben ist. Das heißt, dass ich sage: Ich kann aus Erfahrung oder Publikationen viele Daten herausholen, kann ich ausschließen. Ich kann sagen, dass wahrscheinlich durch die Lungenkrebserkrankung das Risiko höher ist.

Aber dass ich jetzt sage: Durch den TKI oder durch diese Therapie, grade Immuntherapie oder durch die zielgerichtete Therapie, ist ein unterschiedliches Risiko jetzt zu erwarten — Nein, wir werden weiter Patienten ganz klar, und das ist die Kernmessage, bitte die Tabletten und auch die Immuntherapie ganz klar fortführen.

Wenn ich natürlich die Möglichkeit habe, einer Chemotherapie vielleicht auch auszuweichen, dann ist das ein guter Hinweis, wenn man das individuell dann entscheidet und sagt: „Die Chemotherapie ist nicht zwingend notwendig, können wir die vermeiden?“ Oder: „Wir haben die Chemotherapie zur Immuntherapie kombiniert. Wir hätten jetzt die Möglichkeit, nur die Immuntherapie durchzuführen.“ Und mit der Immuntherapie können wir auch die Intervalle verlängern, zum Beispiel, dass wir sagen es gibt Immuntherapien, die gibt man alle zwei, alle drei Wochen. Die meisten Zulassungen für Immmuntherapien sind aber auch schon möglich für alle vier bis sechs Wochen. Dann sollte man hier die Intervalle verlängern, mit dem Arzt, der Sie behandelt, Rücksprache halten, um die Dosierung zu verlängern. Aber die Immuntherapie oder die zielgerichtete Therapie fortführen, und ja nicht abbrechen, weil es gefährlicher wäre, Immuntherapie oder zielgerichtete Therapie abzubrechen, weil es hier ja auch Daten gibt und gerade weil die TKI-Frage zu der Therapie war: Wenn wir die Therapie abbrechen, einfach so, aus Jux und Tollerei, und sagen „Mir geht’s zu gut. Ich möchte es nicht mehr nehmen.“ Auf der anderen Seite gibt‘s Daten von früher, wo dann bei einem Drittel der Patienten ein sogenanntes Tumor-flaring auftreten kann, d.h.: Der Tumor explodiert, weil die Bremse durch diese Substanz nicht mehr da ist, und der Tumor wirklich explodieren kann. Und darum ist ein Absetzen tunlichst zu unterlassen. Immuntherapie, zielgerichtete Therapie: ja nicht absetzen. Chemotherapie: individuelle Entscheidung treffen, ob man da vielleicht ein bisschen arbeiten kann.

Irgendwas wollte ich noch sagen, aber es wird sicher wiederkommen….

Dr. med. Iris Herscovici

Manche Patienten haben auch Angst, dass sie sich überhaupt erst im Spital anstecken könnten, ob das auch eine Gefahr sein könnte. Und in die Richtung geht auf die nächste Frage, die wir bekommen haben: „Welche Maßnahmen werden im Krankenhaus getroffen, damit ich mich nicht mit SARS-COV-2 anstecke?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

In Italien ist dieser Fehler gewesen, dass alle Patienten, ob sie infiziert waren, nicht infiziert waren, und Patienten, bei denen es unklar war, alle im selben Bereich behandelt worden sind, was natürlich sehr klar dazu führt, dass sich untereinander die Patienten, auch die Ärzte und auch das Personal oder die Pfleger oder wer auch immer, sich gegenseitig anstecken. Darum hat es hier hat ein klares Umdenken gegeben, und wir haben so ungefähr, kann man sagen, in jedem Bereich, im medizinischen Bereich in Spitälern drei Bereiche

  • Patienten, die nicht infiziert sind, das wären zum Beispiel typischerweise onkologische Stationen, wo wir keine Covid-19 oder SARS-COV-2-Patienten haben.
  • Auf der anderen Seite gibt es eben Bereiche, wo wir es nicht wissen. Da haben wir dann eigene Stationen, wo wir sagen: Diese Patienten sind in Abklärung, ob hier eine Coronavirus-Infektion vorliegt.
  • Und dann gibt es Bereiche, wo Patienten eben die Infektion haben, die dann ganz klar getrennt sind von diesen zwei anderen Gruppen.

Das heißt, wir müssen verhindern, dass sich Patienten gegenseitig anstecken. Das liegt auch schon daran, dass wir die Sitzplätze ausgedehnt haben, die Termine versucht haben tunlichst zurückzufahren, Termine, die nicht notwendig sind, nicht durchgeführt haben und vieles telefonisch versucht haben, zu besprechen, dass diese Wartezeit nicht… es gibt fast nur noch am Telefon für viele Patienten. Dass wir also verhindern, dass Patienten nebeneinander sitzen, sich nebeneinander anstecken können. Also der Platz draußen, im Wartebereich sind immer ausreichend Platz, drei Meter Abstand unter den Patienten, dass da keine Ansteckung ist, weil das wäre eine vollkommene Fehlorganisation, wenn wir uns gegeneinander anstecken.

Darum ist auch ganz wichtig, dass die Ärzte, Pflege, jeder Bereich, der irgendwo im Spital ist, tunlichst aufpassen muss, sich nicht anzustecken und regelmäßige auch Untersuchungen erfolgen, ob wir selber angesteckt sind. Denn wenn wir unsere eigenen Patienten anstecken oder unsere Kollegen, wäre das eine Katastrophe. Drum: Wir passen da sehr gute auf, wir sind alarmiert und müssen auf das aufpassen. Und auch ich halte den Abstand immer klar zu meinen Patienten. Zwei bis drei Meter sind Pflicht, um hier sowohl als auch niemanden anzustecken. Weil wir es bei keinem wirklich wissen können.

Dr. med. Iris Herscovici

Eine andere Patientin will dazu wissen: „Ich muss nächste Woche wieder ins Spital. Haben Sie eine spezielle Empfehlung für Lungenkrebs-Patientinnen, die im Spital behandelt werden? Worauf kann ich auch noch achten?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Was ganz wichtig ist, ist immer, die Termine gut abzusprechen, dass keine langen Wartezeiten auftreten. Man sollte eben, und ich kann es leider Gottes auch manchmal bei mir im Spital nicht verhindern, dass man sagt, man hat, manchmal hat der Patient zwei Stunden gewartet. Das versuche ich tunlichst zu unterlassen. Patienten sind auch alarmiert und kommen kaum mehr herein. Patienten, wie zum Beispiel der Tyrosinkinase-Inhibitor-Patient da vorher gefragt hat, diese Patienten kann das Röntgen, das CT auch ambulant zu Hause in Wohnortnähe durchführen und dann den Befund bei E-Mail, Fax zuschicken, damit man solche Termine versucht, tunlichst nicht im Spital durchzuführen. Wenn es dem Patienten gut geht, muss er nicht kommen.

Hier die Frage: Der Patient muss hier kommen. Hier würde ich empfehlen, mit dem Arzt Rücksprache zu halten, ob vielleicht Termine ausdenkbar sind, ich kann jetzt nur ein Beispiele mal geben: Die häufigste Immuntherapie wird alle drei Wochen gegeben, ist aber auch schon in der Regel alle sechs Wochen möglich. Genauso eine Therapie – nach der Strahlentherapie geben wir gleich innerhalb der ersten zwei Wochen gleich eine Immuntherapie nach der Strahlentherapie. Die ist zugelassen alle zwei Wochen. Kann man auch jetzt aufgrund der Daten auch alle vier Wochen durchführen. Dass der Patient fragt: „Gibt es eine Möglichkeit, seltener zu kommen?“ Und das wäre eben das Ziel. Hier wird die Dosis verdoppelt, und durch die doppelte Dosis wissen wir, dass das erträglich ist, dass man sagt, man kann dadurch immer die Häufigkeit des Kommens halbieren, was ein enormer Vorteil für die Patienten ist. Und das würde ich hier der Patientin empfehlen: „Wie viel, wie oft muss ich tatsächlich wirklich kommen? Gibt es eine Möglichkeit, hier etwas zu variieren?“

Dr. med. Iris Herscovici

Jetzt Es müssen die Patienten ja auch irgendwie auch mal ins Spital kommen. Und da gibt auch viele Fragen: „Wie kommt man sicher ins Spital, wenn man nicht mit dem eigenen Auto fährt? Meine Mutter muss jede Woche zu ihrer Chemotherapie fahren mit einem Krankentransport. Sie ist sauerstoffpflichtig. Es heißt immer: Die besonders Betroffenen sollen isoliert und geschützt werden. Haben Sie einen Rat?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Es wäre gut, wenn es geht, dass der Lebenspartner, mit dem man im Wohnraum wohnt, den Transport übernimmt. Wenn das irgendwie machbar wäre, dass man hier eine externe Möglichkeit vermeiden kann. Das ist einmal ein Vorteil.

Auf der anderen Seite: Wenn jemand zum Beispiel immer mit dem öffentlichen Verkehr gefahren ist, aber man hätte auch die Möglichkeit, dass einen jemand mit dem Auto bringt, ist hier sicherlich ein Vorteil geboten, die Kurzparkzonen z.B. in Wien wurden aufgehoben. Das heißt, es ist auch diese Parkplatznot jetzt zum Glück nicht so gegeben.

Wenn ein öffentlicher Transport notwendig ist, bleibt nichts anderes übrig. Und wenn man mit der Rettung kommen muss: Die Sanitäter sind ja klar geschult, wie die gewissen Hygienemaßnahmen erfolgen sollen. Man muss diese auf diesen Weg zurückgreifen.

Aber auch hier wieder diese Nachfragen: Wie häufig muss ich kommen? Kann man hier die Intervalle verlängern? Und das wäre eben hier der Rat, dass man sagt: Vielleicht kann man über die Verlängerungen der Intervalle oder durch die Verdoppelung der Immuntherapiedosierungen Kontrollen vermeiden.

Auch die CT-Kontrollen, Magnetresonanz-Kontrollen, Röntgen-Kontrollen sind jetzt nur noch derzeit möglich für Routinepatienten, wenn es ihnen schlechter geht, aber ansonsten sollte man die im Niedergelassenen-Bereich durchführen und nicht im Spital, damit wir eben keine Infektionen einerseits hier eben kommen.

Dr. med. Iris Herscovici

Sie haben gesagt, man sollte mit dem eigenen Auto fahren, wenn möglich. Wir haben auch viele Fragen bekommen in Richtung Taxi: „Wie sollte man sich im Taxi verhalten, wenn es nicht anders geht, und man muss einfach ein Taxi nehmen? Gibt‘s da spezielle Vorkehrungen, die man treffen kann?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Also was ich zumindest in meinem Zimmer auch immer mache: Ich lüfte regelmäßig. Man weiß, dass hier das Lüften Sinn macht. Dass man vielleicht fragt: Kann der Taxifahrer, wann ist da vorher wer gefahren, dass man gut gelüftet hat. Sonst: Handschuhe anzieht, nachher sich oder sofort die Hände wäscht, damit man nicht durchs Hingreifen hier ein Risiko eingeht. Sonst kann ich hier leider Gottes keine anderen Maßnahmen treffen.

Der Taxifahrer: wäre natürlich auch gut, wenn er eine Maske trägt. Was aber, glaub ich jetzt auch bei den Taxifahrern üblich ist, dass sie die Maske tragen. Wenn er es nicht hat, ihn bittet, tunlichst eine Maske zu tragen.

Dr. med. Iris Herscovici

Wir haben jetzt über Spital gesprochen und Patienten, die im Spital behandelt werden. Gibt es auch spezielle Empfehlungen für die Patienten, die eine orale Medikation haben, die sie zu Hause einnehmen?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Also, prinzipiell hat es beim Lungenkrebs eine enorme Entwicklung gegeben. Früher hat jeder Chemotherapie bekommen, und wir haben 2008 noch jedem Patienten eine Chemotherapie gegeben. Jetzt ist es möglich, dass wir durch genaue Testungen eine ganz genaue, individuelle Therapieentscheidung treffen können. Ein Drittel der Patienten bekommen z.B. eine ALK-Translokation bei einer EGFR-Mutation, bei einer ROS1-Translokation, RET-Fusion, kann ich jetzt hier verschiedene Dinge nennen, Tabletten, alleinige Tabletten und keine Chemotherapie, und das versuchen wir schon seit eh und je. Das hat jetzt mit Covid-19 nichts zu tun.

Natürlich ist eine orale Therapie einer systemischen Therapie über die Vene eben jetzt gerade bei der Zeit besonders zu bevorzugen. Wenn es aber nicht möglich ist, müssten wir auf systemische Therapien zurückgreifen über die Vene. Ein Drittel bekommt ungefähr die Tabletten, die anderen zwei Drittel kriegen jetzt Immuntherapie in der ersten Linie plus/minus Chemotherapie, wenn man in einem fitten Zustand ist, und darunter durch ist die Chemotherapie nur sozusagen Add-On, zusätzlich da. Und wenn wir vermeiden können, dass wir eine Chemotherapie geben müssen oder die Chemotherapie schon am Ausklingen ist, werden wir die wahrscheinlich früher schon zurückziehen, um nur alleinig die Immuntherapie durchzuführen. Wir versuchen, von den Therapien schon seit eh und je, von der Lebensqualität zielgerichtete Therapien, also Tabletten zum Schlucken. Sicherlich angenehmer sind auch die Immuntherapien alle vier oder sechs Wochen als Infusion, angenehmer ist als eine regelmäßige Chemotherapie. Nichtsdestotrotz bleibt uns oft auch nichts anderes über, als eine Chemotherapie zu geben. Schließe es auch von uns nicht aus, dass wir bei gewissen Patienten hier eine Chemotherapie geben müssen, und dann müssen wir darauf zurückgreifen. Es wäre aber fataler, diese Therapien nicht durchzuführen.

Dr. med. Iris Herscovici

Genau in diese Richtung geht auch die nächste Frage. Es gibt auch Patienten, die Sorge haben, dass die Therapie vom Spital aus abgesagt werden könnte. Dazu eine Frage von einem Patienten: „Kann es vorkommen, dass man meine Krebstherapie vom Spital aus verschoben wird? Wie wird eigentlich entschieden, ob und wie lange eine Therapie verschoben wird?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Ich kann natürlich jetzt nicht über alle Krankenhäuser in ganz Österreich sprechen. Aber wir haben hier die ganz klare Auflage von unserem Krankenhaus, Patienten mit onkologischen Erkrankungen, Patienten, Kinder und Notfälle werden wie üblich weiterhin behandelt.

Es wäre nicht gut, onkologische Patienten nicht mehr zu behandeln, weil die onkologische Erkrankung gefährlicher ist, also die Lungenkrebserkrankung sicher gefährlicher ist als eine Covid-19-Infektion.

Es kann natürlich sein, und ich habe jetzt vor kurzem einen Patienten vom Mittwoch auf Donnerstag verschoben, weil wir in der Station eine Umänderung gehabt haben. Da haben wir gesagt: Am Mittwoch hätten wir geplant: Seltene stationäre Therapie. Haben wir dann von Mittwoch auf Donnerstag verschieben müssen. Das kann passieren. Aber das wird dann mit dem Patienten individuell besprochen, individuell dem Patienten erklärt, warum das stattfinden muss, damit er auch versteht, warum wir manchmal solche Dinge machen müssen, weil wir jeden Tag unterschiedliche Organisationen haben. Ich arbeite selber in einem Krankenhaus mit 800 Spitalsbetten. Jede Abteilung, Kardiologie, Gastroenterologie, Chirurgie, Herz-Thorax-Chirurgie haben alle unterschiedliche Zugänge, unterschiedliche Patienten. Jeder muss bestmöglich eine homogene Organisation finden. Und dadurch kann es eben in diesem organisatorischen Konglomerat einfach auch Unterschiede geben. Darum bitten wir, und wir versuchen, es Patienten bestmöglich zu erklären, versuchen natürlich, solche Verschiebungen tunlichst immer zu vermeiden.

Dr. med. Iris Herscovici

Was die Versorgung der Patienten betrifft, gibt es doch immer wieder die Frage: „Kann es zu Lieferengpässen kommen bei den Krebsmedikamenten?“ Wie schaut die Situation da aus? Was können Sie uns dazu sagen?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Was ich weiß, ist, es sind die Lager sehr gut gefüllt in Österreich. Und in Österreich wissen wir, dass Österreich zu den besten fünf Ländern im Weltvergleich zählen, was die onkologischen Therapien betrifft. Es wird weiter produziert, es wird weiter geliefert.

Was manchmal sein kann, ist, dass es Verzögerungen im Tagesbereich gibt. Vor kurzem waren EGFR-Artikel in einer kleinen Apotheke in Niederösterreich schwer zu erreichen. Drei Tage später war er da. Also, es gibt, was mir bekannt ist: Jeder Patient hat bisher immer seine Therapie bekommen, und es hat keine Beschwerden diesbezüglich gegeben. Und mir ist auch von der Apothekerkammer nichts diesbezügliches bekannt, dass es Engpässe bei onkologischen Therapien gibt.

Dr. med. Iris Herscovici

Wir springen jetzt ein wenig thematisch, wenn wir jetzt noch verschiedene Fragen reinbekommen haben zum Thema: Was ist gefährlich und wie kann ich mich schützen? „Ich lasse mir Lebensmittel vom Supermarkt zustellen. Besteht die Gefahr, dass ich mich über Lebensmittel mit dem Coronavirus anstecken kann?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Also wie genau, ist derweil noch nicht genau analysiert worden. Was man immer wieder nachweisen kann, sind Partikeln von dem Coronavirus über Flächen, die sich über längere Zeit halten. Ob aber dann ein wirklicher Virus in einer höheren Dosierung vorliegt, der dann zu einer Entzündung führen kann, ist dabei in keinster Weise nachgewiesen.

Was ich sicher sein kann, ist, dass die Supermärkte tunlichst genau so aufpassen, mit Mundschutz arbeiten, mit Handschuhen arbeiten, damit über die Nahrung keine Infektionen auftreten. Ich empfehle, wie auch schon vorher, alle Nahrungsmittel gut zu waschen, was gerade Obst betrifft. Gemüse immer selber ausreichend waschen. Verpackte Dinge sind natürlich auch keine Gefahr. Regelmäßig Händewaschen, wenn man hier Dinge von auswärts bekommt und selber berührt, wegschmeißt. Nachher bitte hier besonders auch hier die Hygiene zu beachten. Aber derweil gibt es keinen Hinweis oder keinen klaren Hinweis, dass Patienten über zugelieferte Nahrungen eine Infektion erlitten haben, wenn die Hygienevorschriften gehalten worden sind.

Dr. med. Iris Herscovici

Man hört ja immer wieder, dass das Virus auf unterschiedlichen Oberflächen unterschiedlich lange anhaftet. Wie ist denn das? Gibt’s Oberflächen, die problematischer sind, wo man besonders aufpassen sollte? Und wie lange hält sich das wirklich auf den verschiedenen Oberflächen?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Das war das, wo ich vorhergesagt gesagt habe, ob dann dieser Virus wirklich zu einer Infektion tatsächlich führen kann? Also, wo ich mir sicher bin, ist: Jemand hustet sich in die Hand, greift durch die Türschnalle, ich gehe gleich nachher hin, greif drauf und fahre mir ins Auge. Das ist so der Klassiker, wo ich sage: Da findet sicher eine Übertragung statt.

Was anderes ist, wenn z.B. vor einer Woche jemand plötzlich hingehustet hat, und man greift auf die Türschnalle. Glaub ich nicht, dass sich der Virus, oder die Literatur überblicke, ist vielleicht in Partikeln nachweisbar, aber ist nicht als hoch infektiös einzustufen. Das heißt: Wenn man diese Maßnahmen durchführt, die derzeit empfohlen sind, wenn man wohin greift, sich regelmäßig die Hände waschen, sich wirklich aufpasst, dass man sich nicht ins Gesicht greift. Und dann sollten hier keine Probleme auftreten.

Ich arbeite selber hier. Sie sehen hier den Alkohol. Sie sehen hier meine Maske. Ich habe eine eigene Schutzbrille. Und man merkt selber, wie häufig man sich selber ins Gesicht greift, wie man sich gefährdet ist, ins Gesicht zu greifen, und ich freue mich, wenn ich nach Hause komme, mich desinfiziert habe, Hände gewaschen, und wie gerne ich mich ich mich schon im Gesicht kratzen wollen würde, und das genieße, dass ich das tun darf. Da muss man sich wirklich beim Krawattl nehmen und sagen: Ich muss mich in der Öffentlichkeit ganz bei der Nase nehmen. Auch beim Spazierengehen, wenn ich draußen bin, dass ich das tunlichst unterlasse.

Dr. med. Iris Herscovici

Manche Patienten müssen aber jetzt trotz ihrer Erkrankung auch arbeiten, und da hat uns eine Dame eine Anfrage geschickt: „Sehr geehrter Herr Dr. Hochmair, seit meinem vierten Lebensjahr bin ich Asthmatikerin und bin 2004 an Sarkoidose erkrankt. Ich arbeite an der Kasse in einem Einzelhandel. Wie kann ich mich schützen? Ich habe große Angst davor, mich mit Corona anzustecken.“ Haben die Patienten da einen Anspruch, dass der Arbeitgeber etwas zur Verfügung stellen muss, dass sie sich speziell schützen können? Wissen Sie da etwas Genaueres dazu?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Über die rechtlichen Grundlagen bin ich sicherlich überfragt. Was ich weiß, ist, dass in den größeren Supermarkt-Ketten jetzt diese Plexiglasscheibe ist, ein Mundschutz von dem Besuch, also von den Kunden ist jetzt Pflicht, genauso wie für die Personen, die im Supermarkt arbeiten. Aber ob da jetzt eine rechtliche Grundlage für irgendwelche Dinge vorliegt, bin ich jetzt leider Gottes überfragt. Müsste man bei der Arbeiterkammer nachfragen.

Dr. med. Iris Herscovici

Es gibt auch immer wieder Fragen zu verschiedenen Medikamentenklassen. Und eine davon ist: „Vielen Dank für diese Möglichkeit. Meine Frage: Gibt es Erkenntnisse, wie hoch das Risiko für einen schweren Verlauf bei Einnahme von Sartanen bzw. Blutverdünnung ist?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Derweil kennen wir… Was der Unterschiedist: In China ist die Datensammlung sicherlich eine ganz andere wie in der Europäischen Union, durch dass in Italien, jetzt in Spanien, leider Gottes auch in Frankreich sehr viele Menschen erkrankt werden, werden wir viele Daten sammeln, viele Daten kennenlernen, um hier mehr zu lernen. Derweil auf den verfügbaren Daten können wir keine Rückschlüsse ziehen, dass gewisse Medikamente ein höheres Risiko haben als andere. Aber eher die Komorbidität. Das heißt, man nimmt ja meistens Medikamente ein, weil man eine Erkrankung hat, wissen wir, ob diese Erkrankung selber ein Risiko darstellt. Ob es das Medikament dann per se ist oder die Erkrankung, können wir derzeit noch nicht beantworten.

Generell auf hier gilt: Bitte aufpassen, diese Warnungen ganz, ganz ernst nehmen.

Und ich hoffe, dass wir in ein paar Monaten oder ein paar Wochen schon viel mehr wissen. Die Daten aus China sind nicht ausreichend, um hier eine entsprechende Empfehlung abzugeben.

Wir haben selber von der österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, wo ich der Arbeitskreisvorsitzende für Lungenkrebs bin, aber genauso für Asthma, für COPD haben wir Empfehlungen, die sehr ähnlich an den österreichischen Empfehlungen sind, ausgegeben. Auch auf der selpers-Webseite sind natürlich Empfehlungen da. Bitte Sie sich das durchlesen und das halten. Aber ich glaube, dass ist jetzt in der Allgemeinheit schon gut bekannt.

Dr. med. Iris Herscovici

Wie ist denn jetzt überhaupt die Situation bei den Tests und bei der Entwicklung von Impfstoffen oder möglichen Medikamenten. Können Sie uns da so einen ganz kurzen Überblick geben über den Stand der Dinge?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Es wird geforscht, geforscht, geforscht, geforscht; ich könnte das jetzt wirklich lang durchsagen. Dass aber jetzt schon ein verfügbares Medikament vorliegt, das explizit zugelassen ist für die Covid-19-Infektion, kann ich leider nicht sagen. Und wenn, dann würde ich den Nobelpreis jetzt in der Situation bekommen. Das würde ich wahrscheinlich jetzt hier nicht besprechen, muss ich ganz ehrlich sagen. Wir wissen, dass wir gute, symptomatische Therapien haben. Wir haben genug Intensivbetten, um Patienten, die schwer krank sind, zu versorgen und wir derzeit diese Triage-Methoden nicht haben, die in anderen Ländern, Italien, dass man sagt, ab einem gewissen Alter, ab einer gewissen Situation, werden Patienten nicht versorgt. Zum Glück ist es derzeit in keinster Weise in Österreich so. Wir haben ein tolles Gesundheitssystem und können die Patienten gut versorgen. Aber derzeit: Impfung ist natürlich das Beste. Da wird auf Hochtouren von vielen Firmen gearbeitet, und ich bin guter Dinge, dass bald etwas da sein wird. Wann das aber genau ist, kann ich Ihnen nicht sagen, weil es dann auch geprüft werden muss.

Und es gibt viele therapeutische Ansätze, wo ich jetzt hier viele Theorien geben kann von Antikörpern, die von Patienten, die es überlebt haben, weitergegeben werden, bis antivirale Therapien bis neu onkologische Therapeutika, die andere Wirkungsmechanismen haben. Da gibt‘s viele Dinge. Nur: Da würde ich noch zu viel Hoffnung schaffen, wo es noch nicht bestätigt ist.

Dr. med. Iris Herscovici

Wie ist das auf der Testseite? Die Patienten fragen immer wieder, ob es Sinn macht, sich prophylaktisch testen zu lassen. Oder wenn man jetzt einen Schnupfen hat oder hustet, ob man da auch schon einen Test durchführen lassen sollte? Was empfehlen Sie?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Wenn der Test zu Hause durchgeführt wird, bin ich sehr dafür, zuhause zu testen, wenn entsprechende Geschichten da sind. Die Konsequenz ist ja meistens bei einer Covid-19-Infektion, die asymptomatisch ist oder nur leichte Symptome hat, zu Hause zu bleiben und ja nicht wohin gehen, um andere Patienten anzustecken. Das heißt: In Quarantäne leben. Das heißt, dass ich jetzt sage: Ich gehe jetzt in ein Institut wohin, um mich testen zu lassen, wenn es mir gut geht oder nur leichte Symptome sind, würde ich das tunlichst unterlassen. Ich würde 1450 rufen. Es wird getestet, wenn‘s entsprechend passt, um dann die Entscheidungen zu treffen, wie ich mich zu verhalten habe. Aber bitte nicht ins Spital gehen und sagen, ich habe einen leichten Schnupfen, ich gehe jetzt ins Spital. Und da haben wir vor dem Spital Stationen vorgeschaltet, dass diese Patienten, die potenziell ansteckend wären, dass die eben vorgeschaltet sind, dass das gar nicht mit hineinkommt, wenn ein Patient ja kein Spital braucht.

Dr. med. Iris Herscovici

Eine Frage ist auch: „Wann ist jemand ansteckend? Ab wann ist man ansteckend? Wie lange sind erkrankte Personen ansteckend?“

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Da werden wir noch mehr lernen. Ganz genau wissen tun wir es noch nicht.

Die Testung ist eine Sache. Da gibt es dann, wenn man ansteckend ist, eine ganz klare Vorgabe, wie lange man noch ansteckend…. Wenn der Virus nicht mehr nachweisbar ist, muss man dann noch eine gewisse Zeit trotzdem noch in Quarantäne leben und Menschen meiden. Es wird dann mit dem Patienten, wenn er betroffen ist, ganz klar abgesprochen und auch gar vorgegeben mit einem gewissen gesetzlichen Rahmen.

Dr. med. Iris Herscovici

Die Frage der Versorgung mit Medikamenten, wenn man zu Hause ist, fällt auch immer wieder. Wie kann ein Patient, der zu Hause ist, sich mit Medikamenten versorgen, wenn er/sie nicht aus dem Haus geht?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Dann hat man die Hoffnung, dass man jemanden hat, der es um einen sorgt – einen jüngeren Mensch oder ein Bekannter, Verwandter, der dann das für den Hausarzt persönlich erledigen kann. Hier sind die Hausärzte, die Fachärzte in einer sehr guten Kooperation. Man kann den Weg zum Hausarzt auch so suchen, dass man sagt: Man macht ein Telefonat und schaut, ob einem das Rezept zugeschickt werden kann oder mit der Apotheke Kontakt aufnimmt, dass das Rezept an die Apotheke geschickt wird, um dann hier eine Versorgung durch das Medikament über einen Botendienst erledigen kann. Aber hier gibt es sehr viele Möglichkeiten. Das sollte mit dem Hausarzt und mit der Apotheke dann abgeklärt werden und individuell angepasst werden.

Dr. med. Iris Herscovici

Eine Frage ging auch in Richtung Altersunterschiede: Sind jüngere Patienten weniger gefährdet, auch wenn sie Lungenkrebs haben, als ältere? Gibt’s bei Lungenkrebs-Patienten praktisch auch noch einmal diese Unterscheidung älter und jünger, oder ist das einheitlich zu sehen?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Wir haben auch ganz klar die Nachricht rausgegeben, dass Jüngere genauso erkranken können. Es ist ein Irrglaube, dass man als jüngerer Mensch nicht erkranken kann, weil ja am Anfang gerade jüngere Menschen gesagt haben: „Mir ist das ja eh egal. Mich wird’s schon nicht erwischen. Mir wird schon nichts passieren.“ Es gibt jetzt leider Gottes auch bei jüngeren Menschen Fälle, eher Patienten, die vielleicht auch ein bisschen Komorbidität haben, auch leichte Komorbiditäten, leichte Erkrankungen haben, wie zum Beispiel in Italien haben Patienten, junge Patienten, die zuckerkrank waren, oder eine arterielle Hypertonie, also einen Bluthochdruck, sind hier junge Patienten leider Gottes auch auf der Intensivstation gelandet.

D.h.: Als junger Patient ist es nicht so, dass man sagt: „Mir kann alles egal sein.“ Da ist auch die Auflage für alle Menschen und nicht zu sagen „Nur Patienten mit Komorbiditäten“ oder „Nur Patienten älter“, sondern es muss jeder aufpassen, weil jeder Transmitter sein kann, also Überträger sein kann, aber auch jüngere Menschen genauso schwere Erkrankungen haben können. Natürlich haben jüngere Menschen oft nicht so einen schweren Verlauf. Das ist häufiger so. Trotzdem können sie Überträger, aber auch selbst zu erkranken. Und wenn man natürlich noch eine Lungenkrebserkrankung hat, ist das Risiko wahrscheinlich etwas höher als überhaupt gesund. Und darum muss man da auch besonders aufpassen.

Dr. med. Iris Herscovici

Einige Fragen gehen noch in Richtung Haustiere: Können sich Katzen oder Hunde anstecken? Können sie das Coronavirus übertragen? Wie ist denn da bis jetzt der Stand der Erkenntnisse.

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Ich bin Schulmediziner, und wir denken immer nur an Jahre glaubwürdige Daten.

Derzeit gibt es keinen Hinweis, dass Hunde, Katzen, Haustiere Überträger sind. Der Virus selber ist ja, deshalb ist ja die Frage, der Virus ist über die Fledermaus gekommen, weil die so gestresst waren, und haben den Virus dann auch übertragen an den Menschen. Derweil wissen wir aber keinen Hinweis, dass das Hunde, Katzen auch übertragen können. Auch hier gilt wieder: Spielen von Hunden von anderen Familien würde ich tunlichst. Auch hier der soziale Abstand, auch bei den Haustieren, dass da kein Austausch stattfindet.

Dr. med. Iris Herscovici

Sie haben vorher die Behandlung des Coronavirus angesprochen. Was wir auch oft gefragt wurden, ist: Können Antibiotika das Coronavirus in irgendeiner Form beeinflussen? Kann man damit vorbeugen, oder kann man es damit behandeln?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Derweil haben wir von den Daten, die aus China vorliegen, diesbezüglich keinen Hinweis gesehen. Was man sieht, ist: Patienten, die eine Coronavirus-Infektion haben, können dann manchmal auf diese Viruserkrankung zusätzlich eine bakterielle Entzündung entwickeln. Darum sind oft auch in der Behandlung Antibiotika erforderlich. Aber das ist jetzt nicht, weil der Virus mit Antibiotika oder mit einem Antibiotikum behandelt wird, sondern weil dann in dem durch den Virus geschwächten Menschen eine Entzündung dazu auftritt und der dann eine antibakterielle Therapie im Sinne eines Antibiotikums braucht. Aber derweil haben wir keinen Hinweis, dass ein Antibiotikum gegen den Virus eine Hilfe darstellt.

Dr. med. Iris Herscovici

Welche Tipps geben Sie denn Ihren Patienten, wie sie gut auf sich aufpassen können, außer dass sie natürlich versuchen sollen, sich nicht anzustecken und die Hygiene-Richtlinien einhalten sollen. Was kann man tun, dass es einem gut geht zuhause, in der Quarantäne und in diesen Zeiten, die doch auch sehr angstbeladen sind?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Also, schaue ich mir alle Leitlinien, die auch derzeit von der Amerikanischen Gesellschaft, von der Europäischen Gesellschaft, von der ASCO, von der ESMO, oder schaue mir unsere eigene, unsere Österreichische Gesellschaft für Pneumologie die eigenen Leitlinien an oder von der Onkopedia, geben immer vor: Jede Behandlung ist individuell. Aber beim Lungenkrebs ist die Therapie alleinig schon hoch individuell. Aber auch die Empfehlungen, wie wir individuell jetzt in der Situation reagieren können, ist wieder individuell. Das heißt, jemandem zu sagen: „Machen Sie es so. Wir machen es bei allen genau so…“ wäre nicht richtig. Die Entscheidung muss individuell an den Patienten angepasst werden. Zwei extreme Beispiele: Ein Patient hat eine ALK-Translokation, kriegt eine Tablette, die er einmal täglich schluckt, und wäre die Laufzeit einer gewissen Zeit sehr gut, und die nächste Kontrolle wäre für Mai angesehen. Es geht ihm aber blendend, er hat keine Beschwerden, lauft unter Tablette schon länger, dann werde ich den Patienten im Mai nicht hereinholen, sondern werde sagen: „Bitte kommen Sie die im Juni, Juli, wenn das etwas abgeflaut ist.“

Wenn aber ein Patient ein kleinzelliges Lungenkarzinom hat und eine Chemo-Immuntherapie braucht am Anfang jetzt als neue Therapie, weiß ich, dass das fahrlässig wäre, dem Patienten diese Chemo-Immuntherapie nicht anzubieten, weil das Überleben dieser Erkrankung schon wieder viel schlechter wäre, wenn ich das so machen würde.

Das heißt auch hier die Empfehlung individuell angepasst und mit dem Patienten natürlich herein, bespreche mit dem Patienten alles. Die Gespräche sind dann leider auch so, dass ich dann auch Verwandte zu Hause manchmal lassen muss. Wir versuchen es dann so, wie wir es jetzt machen, über den Computer. Oder wir machen es über ein Telefon mit Freisprechfunktion, dass man so das Umfeld auch ins Gespräch mit hinein holen kann, weil ja auch die Angehörigen, Kinder, Enkel auch nicht mit ins Gespräch. Man sollte sich ja untereinander nicht treffen. Ich muss aber trotzdem diese Menschen ins Gespräch mit hinein holen. D.h. wir haben hier immer einen Lautsprecher, haben das Handy auf laut gestellt. Mein Telefon, das leider Gottes, wie Sie sehen, zwei, drei Mal gebimmelt hat, hat auch einen Lautsprecher. Das heißt, man kann dann Verwandte in das Gespräch, zumindest einen dann mit in das Gespräch hinein holen, was ganz elementar ist in der Situation.

Aber die Therapie ist individuell, und man muss diese Dinge individuell anpassen. Und wir werden weiter Patienten oder wir müssen Patienten diagnostizieren und richtig behandeln. Und bei der richtigen Behandlung haben wir halt einen gewissen Spielraum.

Dr. med. Iris Herscovici

Sie haben gerade die Verwandten angesprochen. Da sind auch einige Fragen gekommen von Angehörigen, die Patienten unterstützen wollen, die aber nicht wissen, wie sie sich am besten verhalten sollten. Was sind da Ihre Tipps für Angehörige, was sie machen können, um ihre Patienten oder die Patienten gut zu unterstützen in dieser Zeit?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Bei onkologischen Erkrankungen ist das Umfeld ganz, ganz entscheidend, und gerade, wenn der Kommunikationsfluss zum Umfeld nicht adäquat, schafft‘s immer Probleme. Die Patienten brauchen zu Hause Unterstützung, brauchen die Ansprache. D.h. das Umfeld muss adäquat funktionieren.

Jetzt mache ich meinen Job auch schon 20 Jahre. Wenn ich immer nur mit dem Patienten alleine spreche, z.B. beim Aufklärungsgespräch sage: „Sie haben jetzt einen Lungenkrebs.“ Dann macht der Körper zu, der Geist zu, und es kommt nichts mehr an. Wenn ich dann nicht die Verwandten mit ins Boot hole, führt das automatisch zu einem Desaster, und der Patient wird keinen guten Verlauf der Erkrankung auf der psychischen Seite, aber auch in der körperlichen Seite erfahren. Das ist ganz entscheidend hier, die Patientenverwandten und -bekannten, die wollen, die der Patient auch will dabei zu haben, mit an Bord zu holen.

Jetzt haben wir natürlich das Problem, dass die meisten einen Partner haben, mit dem man zusammenlebt, aber mit den Kindern natürlich kein Zusammenleben vorliegt. D.h. ich muss versuchen, diese Menschen dann auch mit an Bord zu holen. Aber entscheidend ist, dass die beim Gespräch dabei sind und nicht ich rede dann alleine mit der Tochter, alleine mit dem Sohn, und der Patient hört das dann nicht. Das führt dann wieder zu Umständen, die nicht gut sind. Gut wäre, dass der Patient, und ich schlage es bei den Gesprächen auch immer vor: Wer will noch dabei sein? Meistens ist halt nur eine Person. Ich habe leider kein Telefon, das mehrere dazuschalten kann. Aber eine Person ist im Spital auch möglich. Meistens kommt dann der Partner mit, mit dem man ja eh zusammen wohnt. Und onkologischen Patienten ist es möglich, auch im Sterbeprozess manchmal noch, im Spital ist ja Besuchsverbot. Natürlich müssen wir uns auch an die Situation anpassen. Wenn jemand im Sterben liegt und ich würde dann verbieten, dass jemand in diesem Sterbeprozess nicht teilnehmen kann, der wichtigste Mensch, dann wäre das unmenschlich. Und das versuchen wir natürlich individuell zu gewährleisten, das möglich ist.

Dr. med. Iris Herscovici

Wir kommen langsam zu einem Ende. Gibt‘s noch etwas, das Sie den Patienten mitgeben möchten?

Oberarzt Dr. Maximilian Hochmair

Ich möchte Ihnen Hoffnung schaffen. Wir haben es geschafft, beim Lungenkrebs die Patienten besser zu behandeln als vor zehn Jahren. Wir haben nahezu Verdoppelung bis Verdreifachungen des Gesamtüberlebens, natürlich immer wieder von unterschiedlichen Erkrankungen erreicht. Und wir haben medizinisch enorme Fortschritte gemacht mit dem Lungenkrebs.

Jetzt müssen wir das mit der Corona-, Covid-19-Infektion kombinieren. Und ich bin guter Dinge, dass wir diese Krise überstehen müssen. Bitte halten Sie durch. Ich weiß, es ist für jeden hart. Ich habe selber vier Kinder, eine Frau zu Hause, die jetzt auf die Kids aufpasst, und ich weiß, dass das nicht lustig ist für alle — für mich nicht, für die Verwandten, für die Bekannten, für keinen. Halten Sie durch. Es ist ganz entscheidend. Wir müssen das durchhalten, und es wird wieder so kommen, dass wir wieder normal miteinander kommunizieren können. Und ich bin guter Dinge, dass wir wieder ein normales Leben führen können. Bitte halten Sie durch und halten Sie sich an die Empfehlungen der Regierung.

Dr. med. Iris Herscovici

Herr Dr. Hochmair, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, die Fragen alle zu beantworten.

Liebe Hörer und Hörerinnen oder ZuseherInnen. Vielen Dank, dass Sie Geduld mit uns hatten, über die Panne hinweg dran geblieben sind. Ich hoffe, dass wir alle Ihre Fragen beantworten konnten. Also, alle waren es nicht ganz, und da habe ich aber eine gute Nachricht: Die Fragen, die wir hier nicht beantworten konnten, die werden wir im Nachhang dann auch noch beantworten auf der Seite. Diese Aufzeichnung ist auch auf https://selpers.com/live/ verfügbar. Das heißt: Sie können sich alles auch nochmal ansehen im Nachhinein, und es wird auch in Zukunft regelmäßig solche Experten-Sprechstunden geben.

Schauen Sie immer wieder vorbei, oder noch besser: Abonnieren Sie unseren Newsletter, dann werden Sie automatisch informiert, wenn es wieder eine Experten-Sprechstunde gibt.

Vielen Dank, dass Sie dabei waren, es freut mich sehr. Passen Sie gut auf sich auf und kommen Sie gut durch diese bewegten Zeiten.

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