Psoriasis und die „Neue Normalität“
Experten-Sprechstunde mit Univ.-Ass. Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Weger am 25. Juni 2020 um 18:00 Uhr
Für PatientInnen mit Psoriasis (Schuppenflechte) hat die Corona-Pandemie Verunsicherung gebracht, doch langsam kehrt eine neue Normalität in Alltag und Krankenversorgung ein. Was bedeutet das für PatientInnen mit Psoriasis? Wie läuft eine telemedizinische Sprechstunde bei Ihrer Dermatologin oder Ihrem Dermatologen ab? Was tun, wenn die Hände durch ständiges Waschen schmerzen? Was bedeutet eine Therapie mit Biologika in der neuen Normalität für Psoriasis-PatientInnen?
In der Experten-Sprechstunde spricht Privatdozent Dr. Wolfgang Weger über alles, was PatientInnen über den Umgang mit Psoriasis in der neuen Normalität wissen sollten.
Über den Experten
Univ.-Ass. Priv.-Doz. Dr. Wolfgang Weger arbeitet an der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie des Landeskrankenhaus-Universitätsklinikums in Graz und ist dort stellvertretender Leiter der Psoriasis-Ambulanz. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Psoriasis und der Therapie der Erkrankung mit Biologika.
Mit freundlicher Unterstützung von:
Video Transkript
[00:00]
Fr. Dr. med. Herscovici
Herzlich willkommen zur heutigen Experten-Sprechstunde zum Thema „Psoriasis und die ‚Neue Normalität‘“. Mein Name ist Iris Herscovici. Ich bin eine der Gründerinnen von selpers und werde diese Stunde moderieren.
In den letzten Monaten haben wir ein wenig den Eindruck bekommen, dass es nur noch Corona-Patienten gibt und dass alle anderen Erkrankungen verschwunden sind. Leider ist dem nicht so. Und deswegen schauen wir uns heute an: Was bedeutet die Corona-Situation für Psoriasis-Patienten? Sie haben uns dazu viele Fragen geschickt. Vielen Dank dafür.
Und Ihre Fragen werden heute beantwortet von Herrn Privatdozent Dr. Wolfgang Weger. Er ist Hautarzt, arbeitet an der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie am Universitätsklinikum Graz. Dort ist er der stellvertretende Leiter der Psoriasis-Ambulanz. Und einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Psoriasis und wie sie behandelt werden kann.
Hallo Herr Dozent Weger, vielen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen heute, unsere Fragen zu beantworten.
[02:43]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Auch herzliches Grüß Gott.
[02:45]
Fr. Dr. med. Herscovici
Man hört so viel von der „Neuen Normalität“. Was heißt denn die neue Normalität an einer Dermatologie? Ist die bei Ihnen auch schon angekommen, und wie sieht so Ihr Krankenhausalltag aus? Und wie sieht der Alltag der Patienten aus in der neuen Normalität?
[03:05]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Noch einmal herzlichen Dank für die Einladung und einen lieben Gruß nach Wien.
Ja, wie sieht es aus? Es hat durch die Corona-Krise durchaus das gegeben, dass wir im Betrieb sehr stark eingeschränkt worden sind. Und wie Sie auch schon richtig gesagt haben: Man hat so das Gefühl gehabt: Es gibt eigentlich nur mehr Corona-Patienten, und das ist das einzige, was wichtig ist. Und wir waren da eben, wie gesagt, auch sehr stark eingeschränkt.
Jetzt beginnt es wieder, dass wir wieder ein bisschen mehr in den Alltag kommen, dass wir wieder auch unsere Patienten sehen können, was für beide Seiten sehr, sehr gut ist.
Aber diese Corona-Krise hat uns natürlich auch einige neue Möglichkeiten eröffnet, auch einige neue Möglichkeiten zu kommunizieren. Und das ist durchaus etwas, was positiv ist.
Ich kann sagen, dass wir jetzt bereits wieder auf einem Weg sind, das normale Alltagsleben herzustellen. Und das wird sich auch in den nächsten Monaten, sofern nichts Gravierendes passiert, auch so weiterentwickeln.
[04:06]
Fr. Dr. med. Herscovici
Man spricht ja sehr viel oder hat sehr viel vom Risiko gesprochen. Jetzt ist diese Diskussion schon ein bisschen in den Hintergrund geraten. Aber wenn von Risikogruppen gesprochen wird, dann werden natürlich immer die Patienten mit chronischen Erkrankungen angeführt.
Es sind aber nicht alle chronisch Kranken gleich stark betroffen. Und Psoriasis-Patienten wollen natürlich auch wissen: Was heißt das jetzt für sie? Gehören sie zur Risikogruppe?
Wir haben da auch zwei Fragen dazubekommen haben, nämlich:
„Gehöre ich als Psoriasis-Patient zur Risikogruppe für eine Infektion mit dem Corona Virus?“
Und die zweite Frage, die wir herausgegriffen haben, ist: „Bin ich durch meine Hautläsionen anfälliger für die Aufnahme des Virus? Kann das Virus über meine Hautläsionen in meinen Körper gelangen?“
[04:52]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Da muss man vielleicht einmal dazusagen: Per se ist man als Psoriasis-Patient jetzt nicht anfälliger. Aber: Die Schuppenflechte ist häufiger mit bestimmten Erkrankungen assoziiert, sei das Übergewicht, sei das Bluthochdruck, aber auch Lungenerkrankungen wie chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen. Und diese Erkrankungen können, wenn sie schlecht eingestellt sind, ein Risiko bilden. Und das haben wir auch gesehen, dass vor allem Patienten mit schwerem, mit schlecht eingestelltem Hypertonus, mit schweren Lungenerkrankungen, mit Diabetes mellitus, auch das ist ein Punkt, mit einem schlecht eingestellten Diabetes mellitus, dass die ein höheres Risiko haben, schwerer an Corona zu erkranken. Das ist die Erkenntnis, die wir so gewonnen haben.
Wenn das sehr gut eingestellt ist, ist das Risiko auch ähnlich, wie wir es für die anderen Patienten kennen.
Und durch die Haut selber ist man jetzt nicht mehr gefährdet, durch die Psoriasis-Läsionen. Da hat man das gleich hohe Risiko, wie das alle anderen auch haben. Also da gibt’s keinen großen Unterschied.
[05:56]
Fr. Dr. med. Herscovici
Covid-19 betrifft ja in erster Linie die Lunge. Es können aber trotzdem auch andere Organe mitbetroffen sein. Da stellt sich natürlich auch die Frage: Inwieweit ist die Haut mit betroffen?
Aber können Sie vielleicht zuerst einmal erklären: Was passiert denn typischerweise bei einer Covid-19-Infektion, bei einer Corona-Infektion im Körper? Welche Organe sind da typischerweise betroffen? Und wie funktioniert dieses entzündliche Geschehen?
[06:24]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also, die Covid-19-Erkrankung ist zuerst einmal hauptsächlich eine Infektion über den Respirationstrakt, über die Atemwege. Und daher ist die Lunge auch eines der wichtigsten Organe. Und es kommt zu einer ganz massiven Entzündungsreaktion, wobei bestimmte Entzündungsfaktoren freigesetzt werden, unter anderem auch sind das zwei Entzündungsfaktoren, die nennt man Interleukin 16 und 17, und diese Entzündungsfaktoren spielen eine ganz große Rolle bei der Entstehung der schweren Manifestationen der Covid-19-Erkrankungen.
Die Erkrankung selbst ist ein Chamäleon, und das heißt: Wir haben hier nicht nur die Erkrankung der Atemwege, sondern wir können genauso Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes haben, die Patienten können Durchfall haben. Sie können Geruchstörungen haben. Das ist etwas, was auftreten kann. Und es können auch an der Haut Manifestationen auftreten, also Hautveränderungen.
Wobei man jetzt fairerweise sagen muss: Dass ist recht bunt, das Bild, das wir haben, das ist nicht so ganz eindeutig, dass ich einen Blickdiagnose habe: Ich schau hin und sage: „Der Patient hat jetzt eine Covid-19-Infektion.“ Das wäre schön, wenn ich das so einfach sagen könnte. Das geht von einem Masern-ähnlichen Ausschlag, den ich haben kann. Ich kann so kleine Vesikel haben, wie man sie bei den Windpocken findet. Man kann dann bei Covid-19 auch Thrombosen, vor allem im Spätstadium auftreten, können auch hier Livedo retikularis-ähnliche Hautveränderungen sehen.
Das ist also ein sehr buntes Bild, auch an den Akren so Veränderungen, wie z.B. große Beulen, die auftreten können. Das sind Hinweise darauf, dass der Patient eine Covid-19-Infektion haben kann, aber nicht eine Blickdiagnose oder der Diagnose, wo ich sagen kann: Das ist spezifisch für die Erkrankung.
[08:05]
Fr. Dr. med. Herscovici
Aber so wie ich das heraushöre, schaut es auf jeden Fall anders aus als die Hautveränderungen bei einer Psoriasis. Wir haben auch eine Frage in diese Richtung bekommen, nämlich: „Ich habe gelesen, dass bei einer Infektion auch die Haut betroffen sein kann. Wie unterscheiden sich diese Hautveränderungen von einer Psoriasis?“
[08:24]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Das ist richtig. Also es schaut nicht aus wie bei der Psoriasis. Allerdings muss man fairerweise sagen: Wir haben Medikamente, die wir zur Therapie der Covid-19-Erkrankung einsetzen, wie z.B. die Hydroxichloroquin oder auch das Tocilizumab. Das ist ein Blocker von Interleukin 6. Und die können als Nebenwirkung an der Haut ein Psoriasis-artiges Bild machen. Das heißt: Da kann dann schon etwas auftreten, das so aussieht wie eine Psoriasis, ist aber wie gesagt dann der Medikationen geschuldet.
[08:54]
Fr. Dr. med. Herscovici
Die Patienten fragen sich natürlich auch, was eine Covid-19-Erkrankung für sie bedeuten kann bzw. wie der Verlauf bei Psoriasis-Patienten sein kann – so vielfältig wahrscheinlich, wie bei allen anderen Patienten auch. Aber haben Sie schon Erfahrungen mit Psoriasis-Patienten, die eine Covid-19-Erkrankung hatten oder haben?
Und dazu auch zwei Fragen von Patienten:
„Inwiefern beeinflusst eine Infektion mit dem Corona-Virus meine Erkrankung? Kann sich die Schuppenflechte dadurch verschlimmern?“
Und die zweite Frage: „Kann eine Infektion mit dem Corona-Virus zur Entstehung einer Psoriasis führen, wenn man Gen-Träger ist?“
[09:40]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also wir haben Erfahrungen damit, wir haben Patienten gehabt, die auch an Covid-19 erkrankt sind und die eine Psoriasis haben.
Was ist hier vielleicht wichtig zu sagen?
Prinzipiell können Infektionen immer die Psoriasis triggern. Das heißt: Eine Psoriasis kann sich verschlechtern. Und das ist etwas, was man durchaus sehen kann. Da gibt’s auch in der Literatur bereits einige Hinweise, dass, wenn Sie eine Covid-19-Infektion haben, dass die Psoriasis schlechter werden kann.
Was man natürlich auch haben kann: Wir haben irgendwie schon gesagt, Medikamente, die wir einsetzen wie Hydroxichloroquin oder auch das Tocilizumab. Das Tocilizumab ist ein Interleukin 6-Antagonisten, die eben auch als Nebenwirkung eine Psoriasis machen können.
Also insofern: Ja, da kann es zu eine Verschlechterung einer Psoriasis kommen. Es kann natürlich auch eine Infektion auch mal der primäre Auslöser einer Psoriasis sein. Und das ist für Covid-19 genauso unmöglich wie für die anderen Infekte.
Und ja, genetisch: Die Psoriasis hat eine genetische Komponente. Das ist allerdings nicht so die klassische Komponente, wie Sie sie kennen von anderen Erkrankungen, wie z.B. Down-Syndrom, wo ich genau sagen kann: Der Patient wird jetzt dieses Down-Syndrom haben. Hier sind es verschiedene Gen-Polymorphismen. Das heißt: Ich und der Patient können jetzt beide die gleichen Gen-Polymorphismen haben. Aber wenn ich das Glück habe, dass ich nie auf den Auslöser treffe, der bei mir die Psoriasis auslöst, dann kann es sein, dass ich sie nie bekomme, während der andere oder der Patient sie bekommen kann. Das heißt: Genetisch bedingt ist es nicht ganz so einfach, das jetzt zu erklären. Psoriasis ist nicht so eine klassische Gen-Erkrankung, und dadurch kann man auch nicht sagen: „Ich bin jetzt derjenige, der gefährdet ist, Covid zu bekommen, wenn ich jetzt eine Disposition zur Psoriasis habe.“
[11:29]
Fr. Dr. med. Herscovici
Fragen gingen auch in die Richtung oder kamen in die Richtung: „Wie soll ich mich verhalten, wenn ich an Covid-19 erkranke?“ Gibt’s da spezielle Empfehlungen für Psoriasis-Patienten?
[11:40]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also mal prinzipiell gelten hier die ganz normalen Empfehlungen, die Sie auch von der Bundesregierung kennen, das heißt also Händehygiene, das ist etwas, das ganz wichtig ist, das Abstandhalten, das Tragen von Masken. Das ist, was wir alle machen dürfen derzeit und was auch sinnvoll ist.
Jetzt kommt es natürlich darauf an: Habe ich eine Psoriasis mit einer Therapie? Und da ist es natürlich sehr spannend, das anzuschauen. Denn da haben wir sehr viel dazugelernt.
Einer der wichtigsten Punkte war natürlich: Wenn wir jetzt heute auf eine Therapie mit einem neuen Medikament, zum Beispiel einem Biological, eingestellt ist, dann hat man gesagt: „Okay, sofern Sie keine Infektion haben, die Therapie genauso weitermachen, wie sie bisher gelaufen ist.“
Und wir hatten immer eine Regel, die ganz wichtig ist: „Im Infekt nicht die Therapie nehmen, dann pausieren.“ Und genau dasselbe haben wir auch in der Covid-Zeit gemacht. Also die Leute, die auf Therapie sind, die sollen auch weiterlaufen. Warum? Psoriasis ist ja eine entzündliche Erkrankung. Je stärker die Entzündung ist, desto schlechter. Und wenn jetzt natürlich noch eine weitere Entzündung dazukommt, das heißt die Covid-Infektion, dann steigt mein Entzündungs-Risk. Dann habe ich noch mehr Entzündung, und das kann einen schlechteren Verlauf machen. Daher macht es Sinn, diese Erkrankung im Griff zu behalten.
Von Seiten der Patienten, die jetzt eine akute Covid-Infektion haben: Die sollten natürlich dann ihr Medikament pausieren, wenn sie die akute Infektion haben, so wie das auch bei unseren anderen Biologica-Patienten ganz normal oder im Regelfall gegeben ist.
[13:11]
Fr. Dr. med. Herscovici
Wir kommen dann noch auf verschiedene Fragen zur Therapie zurück.
Aber eine Frage noch zur Behandlung der Erkrankung, also der Covid-Erkrankung: Patienten, die einen schwereren Verlauf haben, müssen ja oft auch beatmet werden. Und in diese Richtung geht die nächste Frage: „Ich habe viele Läsionen im Gesicht. Könnte ich beatmet werden, wenn es durch eine Corona-Infektion notwendig ist?“
[13:40]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also Gott sei Dank: Die Läsionen bei Psoriasis sind Gott sei Dank sehr selten, vor allem im Erwachsenenalter, das ist bei Kindern häufiger. Aber es wäre kein Hindernis, dass man beatmet wird, auch wenn man Läsionen, psoriatische Läsionen im Gesicht hat.
Das kann man ganz normal machen.
[14:00]
Fr. Dr. med. Herscovici
Sie haben vorhin die Therapie schon angesprochen. Gibt es Unterschiede, gibt es Therapien, die ein größeres Risiko haben, die eher bedingen, dass die Patienten dann zur Risikogruppe gehören? Und damit im Zusammenhang auch eine Frage: „Ich erhalte eine immunsuppressive Therapie. Soll ich diese jetzt ändern oder absetzen, um mein Ansteckungsrisiko mit dem Corona-Virus zu verringern?“
[14:25]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Darf ich gleich auf das eingehen, auf diesen Punkt?
Die Biologica-Therapie ist eine Therapie, wo wir in das Immunsystem eingreifen. Wir nennen das immunmodulierende Therapie. Man kann auch immunsuppressiv sagen. Wir haben bei der Psoriasis ja ein übersteigertes Immunsystem, das wir auf das Norm-Maß zurückführen. Und wie ich schon vorher ausgeführt habe: Es ist sinnvoll, dass die Entzündung, und die Psoriasis ist ja eine entzündliche Erkrankung, dass die Entzündung niedrig gehalten wird, weil wenn ich zu einer schon hohen Entzündung eine weitere Entzündung dazubekomme, dann ist es schlecht.
Das heißt: Solange ich jetzt nicht erkrankt bin an einer Covid-Infektion, sollte ich die Therapie weiter fortführen. Da bringt Pausieren weniger. Vor allem betrifft das die neuen Therapien — Biologica zum Beispiel.
Eine Überlegung „Ist es zu pausieren?“ kann natürlich sein, wenn jemand sehr hochdosiert Cortison bekommt. Das ist aber bei der Psoriasis an sich nicht sehr häufig der Fall oder sollte auch nicht gestehen, weil das eine Psoriasis nach dem Absetzen von Cortison auch massiv verschlechtern kann.
[15:31]
Fr. Dr. med. Herscovici
Das Universitätsklinikum Erlangen hat ja vor kurzem in einer Studie gezeigt, dass Zytokin-Hemmer unter Umständen auch verhindern können, dass sich das Corona-Virus, also bei einer Corona-Infektion, dass sich das Virus im Körper ausbreitet.
Wenn ich richtig informiert bin, ist es aber eine Studie, die recht kontrovers diskutiert wird, weil die Frage ist: Sind Patienten, die Zytokin-Hemmer bekommen, dann auch besser geschützt gegen das Corona-Virus oder gegen eine Corona-Infektion?
Wie sehen Sie diese Ergebnisse, und kann man dazu etwas sagen?
[16:09]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Das ist recht spannend. Warum ist es so spannend? Wir haben beim Corona-Virus ja das, dass wir bestimmte Entzündungsfaktoren hoch reguliert haben. Das ist zum Beispiel des Interleukin-17. Wir haben schon kurz erwähnt, das ist das Interleukin-6, das auch hoch reguliert ist. Und beide Entzündungsfaktoren kann man blockieren. Und wenn man die blockiert, geht die Entzündung herunter.
Und es wäre natürlich sehr verlockend zu sagen: „Wenn ich jetzt schon eine Therapie habe, wo ich jetzt niedrige Werte habe, weil ich das blockiere, dann ist man etwas mehr geschützt.“
Was uns dazu fehlt, sind jetzt große Studiendaten. Die haben wir im Moment nicht. Das ist das, woran wir mehr Daten zu bekommen müssen. Was man aber sagen kann, da gibt‘s in der Literatur bereits einige Hinweise darunter. Wir haben ja doch sehr viele Patienten, die das in Norditalien auch gehabt haben, bekommen haben. Und da gibt’s die ersten Daten, die publiziert worden sind. Und da zeigt sich, dass Patienten, die das bekommen, sind natürlich sehr wenige Patienten, die wir bislang hier haben. Aber dass die das ganz gut überstanden haben. Wenn wir uns anschauen, die Daten, das haben einige italienische, vor allem in Norditalien, einige Universitäten gemacht, die haben sich z.B. angeschaut, sie haben circa 1.500 Patienten: Wie viele sind jetzt dabei an Covid erkrankt? Dann waren das im Regelfall sehr wenige Patienten. Die Patienten sind alle unter Therapie gestanden, das muss man auch dazu sagen. Das waren dann also 5 bis 10 Patienten, die erkrankt sind und das Ganze auch sehr gut überstanden haben.
Das heißt: Wir haben schon ein bisschen einen Hinweis, dass es vielleicht so sein könnte, wie es in der Arbeit von Georg Schett auch genannt wird, dass das protektiv sein könnte. Aber wir würden noch mehr Daten brauchen und größere Fallzahlen brauchen, um das wirklich auch allgemeiner sagen zu können und das auch bestimmen zu können, dass das auch so stimmt.
[18:05]
Fr. Dr. med. Herscovici
Viele Patienten wollen auch wissen, ob sie etwas Spezielles berücksichtigen sollen während ihrer Therapie. Und da ist eine Frage: „Welche Empfehlungen gibt es derzeit für Patienten, die eine Biologica-Therapie zur Behandlung ihrer Psoriasis erhalten?“
Bzw. es kommt dann noch eine Frage vielleicht gleich dazu: „Ich nehme Biologica. Ist die Versorgung mit Medikamenten sichergestellt, und kann es zu Lieferengpässen kommen?“
[18:31]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also prinzipiell, das ist die die Meinung der Fachgesellschaften und der österreichischen Fachgesellschaft, der AG Biologica als auch der ÖGR, als auch der amerikanischen Fachgesellschaft, der französischen Fachgesellschaft, eine ganze Reihe von Fachgesellschaften: Es ist sinnvoll, eine Entzündung, und die Psoriasis wie gesagt ist eine Entzündung, im Griff zu halten. Daher sollte man die Therapien fortsetzen und nur im Infektfall, wenn man eine akute Infektion hat oder akute Covid-Infektion hat, pausieren. Und das hat eigentlich auch recht gut funktioniert. Das kann ich aus unserer eigenen Erfahrung sagen. Die meisten Patienten haben weiter gespritzt und die Biologica weiter eingenommen, und das hat gut funktioniert. Es sind auch sehr wenige Leute krank geworden.
Wir haben bei über 1.000 Patienten mit Biologica-Therapie 2 Patienten, die bislang erkrankt sind an Covid, die haben das sehr gut überstanden. Wir haben zwei Patienten, die in Kontakt waren mit Covid-Patienten, die Erkrankung aber nicht bekommen haben. Also man kann sagen: „Okay, das schaut recht gut aus.“
Mit den Lieferengpässen: Derzeit, würde ich sagen, ist die Versorgung sichergestellt mit dem Biologica. Da hat man auch gewisse Reserven geschaffen. Sollte sich, wenn das nicht ein Dauerzustand wird, eigentlich ganz gut ausgehen.
[19:45]
Fr. Dr. med. Herscovici
Eine Zeitlang haben sich Patienten ja wenig zum Arzt getraut. Jetzt hat sich die Situation wieder gebessert, und die Patienten gehen auch wieder zum Arzt.
Gibt’s noch irgendetwas, das Sie empfehlen würden, das man speziell berücksichtigen sollte, beachten sollte, wenn die Patienten zur Hautärztin gehen?
Und eine Frage kam auch in die Richtung: „Für die Untersuchung muss die Ärztin häufig meine Haut berühren? Wie laufen Untersuchungen gerade ab? Ist es im Moment möglich? Erfolgen die Untersuchungen wieder wie vorher, oder wie werden da die Schutzmaßnahmen umgesetzt?“
[20:25]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also prinzipiell muss man die Haut nicht berühren, um sie zu untersuchen, es reicht ja auch, sich anzuschauen, eine Blickdiagnostik zu machen. Wir haben natürlich als erstes einmal das, dass wir Handschuhe tragen, dass wir Masken tragen. Das muss ja auch natürlich der Patient tragen. Auch der trägt ja Handschuhe. Und man kann schon durch das Hinsehen, da ist Dermatologie ja ein sehr angenehmes Fach, weil man kann wirklich viel durch Bickdiagnostik sehen, sehr viel erkennen.
Das ist ja auch einer der Punkte, warum man auch viel machen kann mit Telemedizin: Man kann, weil man bei einer Haut die Dinge sehen, kann das auch via Bild, via Internet übertragen und sich das anschauen. Es ist natürlich noch nicht so, dass es wieder die Untersuchungen sind, so wie wir es vorher gewohnt waren. Wir haben wie gesagt alle Masken. Wir dürfen uns auch nicht die Hand geben. Auch das ist ja einer der Hauptübertragungswege, dass man das so bekommen kann.
Dadurch ist es, ich würde schon sagen, doch immer ein etwas gewöhnungsbedürftiges Aufeinandertreffen. Und das wird sich wahrscheinlich noch eine Zeitlang so halten, bis das wieder so ist, wie wir es gewohnt waren.
[21:36]
Fr. Dr. med. Herscovici
Es sind ja auch viele Termine verschoben worden oder abgesagt worden. Und jetzt wollen die Patienten auch wissen, wie so da der Normalzustand wieder langsam anläuft bzw. ob es auch einen Einfluss hat auf ihre Therapie oder auf ihren Krankheitsverlauf, wenn diese Termine verschoben werden, und auch ob es bestimmte Kriterien gibt, nach welchen die ersten Termine wieder vergeben werden. Können Sie dazu was sagen?
[20:25]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Wir haben das so gehandhabt: Wir haben mit dem Patienten telefonisch oder über Tele-Dermatologie sehr viel Kontakt gehalten und den Patienten, die einmal die Therapie weiterhin sehr gut gelaufen ist, da haben wir es so gemacht, dass wir uns mit den Hausärzten kurzgeschlossen haben, die dann die Rezepte ausgestellt haben. Wir haben also mit dem Patienten gesprochen. Wir haben einen Therapieplan erstellt. Das Rezept ist dann über den Hausarzt gegangen. Und da muss ich auch ein großes Danke an die Hausärzte aussprechen, dass sie uns hier sehr unterstützt haben. Das hat ganz gut funktioniert.
Diese Patienten haben wir auch jetzt eher außerhalb des Krankenhauses unter Anführungszeichen „behandelt“ und eben teledermatologisch. Wo es ganz akut war oder wo wir gesagt haben: „Da ist eine Krise oder das passt was nicht, da müssen wir was ändern“, die Patienten haben wir hereingeholt. Und das ist jetzt natürlich die Priorität: Wo etwas akut ist, wo sich etwas massiv verschlechtert, das sind die Patienten, die zuerst zu uns kommen. Und ich denke, in den nächsten Monaten werden wir wieder eine normalere Situation haben. Das sollte sich bis zum Herbst auch wieder so eingespielt haben, dass wir wieder von einem Normalzustand reden können.
Derzeit ist es natürlich so, wie Sie auch richtig sagen: Es sind sehr viele Termine ausgefallen, die alle einzuholen wird uns schon noch ein beträchtliches Stück Arbeit bringen.
[23:25]
Fr. Dr. med. Herscovici
Also zwei solche Fragen haben wir aufgegriffen: „Aufgrund der Corona-Pandemie fand bei mir schon seit 4 Monaten keine Blutuntersuchung zur Überwachung meiner Thrombozytenwerte statt. Ich werde mit einem monoklonalen Antikörper behandelt. Wie lang kann diese Blutuntersuchung warten?“
[22:43]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Das ist jetzt insofern ein bisschen eine schwierig zu beantwortende Frage, weil es darauf ankommt, wie weit die Thrombozytenwerte abgefallen sind. Und da müsste ich schon auch den Kontext jetzt, den wirklichen Kontext kennen, wie hoch diese Werte sind, das muss man individuell entscheiden.
Wenn das jetzt nur ein sehr geringer Abfall ist, dann ist das sicher mit vier Monaten möglich.
Wenn das jetzt sehr stark ist, dann muss müsste das sofort erfolgen.
Wie gesagt, da tue ich mir jetzt wirklich schwer auf diese Frage konkret eine Antwort zu geben, ohne die Werte zu kennen.
Aber wie gesagt: Was wir schon gemacht haben: Wir haben diese Blutuntersuchungen schon hauptsächlich jetzt über den niedergelassenen Bereich, also über die Hausärzte und Hausärztinnen machen lassen. Und das hat eigentlich ganz gut funktioniert. Das heißt: Wir haben die Werte doch bekommen. Sie sind halt nicht bei uns im Haus gemacht worden, sondern im niedergelassenen Bereich. Und die Patienten haben uns das übermittelt. Und damit haben wir praktisch schon die Werte gehabt und konnten dann auch entscheiden.
Aber das hängt jetzt wieder bei dem, der fragt oder bei derjenigen Patientin, die fragt, natürlich davon ab, wie das dort gehandhabt worden ist. Wir haben das doch relativ gut gelöst.
[24:58]
Fr. Dr. med. Herscovici
Das heißt: Es wäre auf jeden Fall eine Empfehlung, zum Hausarzt zu schauen und sich da vielleicht kurzzuschließen und ins Labor zu gehen.
[25:08]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Richtig, richtig. Und dann den Befund zu übermitteln, damit hätte man da praktisch ja auch wieder die Möglichkeit, sich entsprechend zu koordinieren und zu schauen, wie wir weiter vorgehen.
[25:20]
Fr. Dr. med. Herscovici
Wie sieht es denn mit Bestrahlungstherapien aus? Werden die wieder regulär durchgeführt? Und dazu auch eine Frage: „Seit Ende letzten Jahres bekomme ich eine Bestrahlung meiner Schuppenflechte, deren Dauer sich immer weiter verlängern konnte. Wegen des Virus wurde die Bestrahlung gestrichen. Ich mache mir Sorgen, dass ich wieder mit einer kurzen Bestrahlungsdauer starten muss. Was kann ich tun?“ Gibt’s da eine Empfehlung dazu?
[25:41]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also prinzipiell ist es so, dass die Bestrahlungen natürlich in der Corona-Krise ausgesetzt waren, wie in den meisten Bereichen, wie eben dass wir mit den Bestrahlungstherapien bei uns wieder fast Normalzustände haben. Und natürlich muss man dann am Anfang, das kommt es darauf an, wie lange es passiert ist, wieder mal ein bisschen schauen, wie man uns langsam hinauf tasten, sozusagen an die Dosis, die der Patient gut verträgt. Das kann aber, wenn das gut verträgt, durchaus etwas schneller gehen, als es am Anfang der Fall war. Denn da haben wir ja schon Vorwerte, die uns auch schon einen Hinweis liefern, wie gut der Patient oder die Patientin das verträgt.
[26:31]
Fr. Dr. med. Herscovici
Sie haben vorher schon die Schutzmaßnahmen angesprochen. Aufgrund der Lockerungen sind die Maßnahmen natürlich besonders wichtig und wir haben da auch einige Fragen dazu. Auch zum Händewaschen. Händewaschen wird ja immer besonders hervorgehoben, dass das eine der zentralen Möglichkeiten ist, sich zu schützen. Und genau dazu haben wir auch Fragen: „Wie kann ich meine Hände, die durch häufiges Waschen beansprucht sind, gut pflegen? Was empfehlen Sie zur Handpflege?“, wäre mal eine Frage.
[27:05]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also hier kann man durchaus Cremen nehmen, wie z.B. eine Neutrogena-Creme. Das ist etwas, was sehr gut wirkt, wo man auch die Haut pflegen kann, die Haut auch wieder etwas fettet, weil das ist ja das große Problem, dass man beim Waschen die Lipide heraus wäscht, und dadurch wird die Haut trockener und auch rissiger, und das empfindet man natürlich als unangenehm. Kennt jeder von uns. Das ist einmal eine der ganz wichtigen Maßnahmen, wo man ganz einfach schon etwas tun kann.
Warum ist das Händewaschen so wichtig?
- Das hat den Punkt einerseits einmal durch die Seife, die man dabei verwendet werden: Das vertragen die Viren nicht so gut. Sie können dabei zugrunde gehen.
- Das zweite ist: Durch die mechanische Reibung werden die Viren auch zerstört.
Und damit reduziert man natürlich die Viruslast, die man am Körper hat. Und aus diesem Grund sollte man das auch weiterhin fortführen und dann nicht aufhören. Auch wenn das vielleicht jetzt noch immer ein bisschen mühsam sein kann, jedes Mal daran als Händewaschen erinnert zu werden. Aber das ist einer der wichtigsten Punkte, und das funktioniert auch gut. Das ist ja auch der Grund, warum wir uns nicht die Hand geben sollen derzeit, weil das ja eine Möglichkeit ist, praktisch Viren von einem zum anderen zu übertragen.
Und da werden wir wahrscheinlich noch eine Zeitlang damit leben müssen.
[28:16]
Fr. Dr. med. Herscovici
Ein anderer Patient oder Patientin hat das auch angesprochen, weil das häufige Händewaschen verschlimmert meine Schuppenflechte. Und da ist die Frage: „Gibt es andere Möglichkeiten, um sich trotzdem an diese Hygieneregel zu halten bzw. können Handschuhe eine Alternative sein, wenn ich mir wegen der Schuppenflechte nicht so häufig die Hände waschen möchte?“
[28:37]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Man kann natürlich Handschuhe tragen, nur muss man sie wechseln, und man muss sie auch so ausziehen, dass man dann nicht die Oberseite, also die Seite, die nach außen gerichtet ist, angreift, weil sonst hat man natürlich die Viren auch wieder auf der Hand. Und dann kommt man ums Handwaschen auch nicht rund herum.
Also es ist natürlich eine Möglichkeit, das schon ein bisschen zu reduzieren. Das ist richtig.
Aber ganz ums Händewaschen kommt man trotzdem nicht rund herum.
[29:00]
Fr. Dr. med. Herscovici
Wie sieht es denn mit Desinfektionsmitteln aus? Gibt es Desinfektionsmittel, die eher zu empfehlen sind als andere? Gibt es grundsätzlich Empfehlungen zum Umgang mit Desinfektionsmittel für Psoriasis-Patienten?
[28:37]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also es gibt jetzt keine speziellen Regelungen. Man kann die Desinfektionsmittel, die Sie in der Apotheke bekommen oder die Sie in den Ketten bekommen, durchaus verwenden. Die sind gut geeignet, und da gibt’s keine speziellen jetzt Hinweise oder speziellen Vorschriften, dass für Psoriasis-Patienten das eine oder andere Desinfektionsmittel viel besser wäre. Solange man sie äußerlich anwendet, ist das kein Problem.
[29:44]
Fr. Dr. med. Herscovici
Worüber wir bei den Schutzmaßnahmen noch nicht gesprochen haben, ist der Mundnasenschutz. Und wir haben eine Frage bekommen: „Meine Schuppenflechte tritt häufig hinter den Ohren auf. Das erschwert mir das Tragen eines Mundnasenschutzes. Haben Sie eine Empfehlung für mich?“
[30:00]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Sie wissen: Bei dem Tragen des Mundnasenschutzes sind ja auch Schals z.B. erlaubt. Und hier wäre vielleicht eine Möglichkeit, das mit einem Schal zu machen. Da muss man das nicht direkt hinter den Ohren machen. Das kann man ja sehr gut sich vors Gesicht machen und fixieren. Das wäre auch eine Möglichkeit, das recht angenehm zu machen. Und ja, es ist im Moment ja eh schon ein bisschen auch so, dass der Mundnasenschutz ja im öffentlichen Bereich und auch beim Einkaufen nicht mehr obligatorisch vorgeschrieben ist, d. h. Sie haben ja schon ein bisschen eine Entspannung. Im Krankenhaus ist er natürlich zu tragen und bei Visiten beim Arzt auch. Aber das ist ja dann doch meistens eher eine kürzere Dauer, weil wir ja auch hier darauf achten, dass wir nicht zu viele Patienten zur selben Zeit am selben Ort haben. Wir halten hier die Abstandsregeln ein. Und das heißt, damit können wir auch gewährleisten, dass die Leute recht zügig drankommen. Das heißt, man ist relativ schnell auch wieder oder schneller fertig, als wir es vielleicht sonst kennen aus den überfüllten Ambulanzen. Und damit ist auch die Tragezeit des Mundnasenschutzes so ein bisschen eine begrenztere. Also da haben wir vielleicht einen Vorteil gegenüber der Zeit vor Corona.
[31:11]
Fr. Dr. med. Herscovici
Okay.
Thema Lebensqualität: Das Thema Juckreiz ist auch immer wieder gekommen. Manche Patienten haben festgestellt, dass seit Corona begonnen hat, ihr Juckreiz schlimmer geworden ist, und andere haben festgestellt, dass es besser geworden ist während des Lockdowns. Und dazu haben wir jetzt zwei Fragen:
„Mein Juckreiz hat sich seit dem Beginn der Corona-Pandemie verschlimmert. Woran kann das liegen, und was kann ich dagegen tun?“ Wäre mal die eine Frage.
[31:45]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Ja, die Corona-Pandemie hat natürlich uns alle auch ein bisschen schon gestresst, das muss man auch sagen. Es ist ja eine Erkrankung, die wir nicht kennen, mit der wir auch erst lernen haben müssen umzugehen, wo natürlich auch Ängste da sind, wo man sich auch fürchtet, dass man das bekommen kann, wo man sich um seine Angehörigen fürchtet. Und das ist für einen ja auch selber Stress.
Und Stress ist ein ganz mächtiger Faktor, der den Juckreiz antreiben kann. Das heißt, vielleicht empfindet man das jetzt auch nicht ganz so, ich sage jetzt mal so als Stress, aber wenn man sich sehr viele Sorgen macht, dann kann das durchaus dazu führen, dass man stärker, unter einem stärkeren Juckreiz leiden kann.
Anders natürlich dann: Für manche Leute ist das Leben auch etwas ruhiger geworden dadurch, dass man jetzt nicht so viele Verpflichtungen hat und vielleicht auch nicht die ganze Zeit jetzt gestresst wird von anderen Mitmenschen. Das ist auch eine Möglichkeit. Das nimmt natürlich dann wieder diesen Stress weg, und dann kann es auch so sein, dass der Juckreiz verschwindet. Und man sagt: „Ich fühle mich jetzt wohler, weil das war mal eine sehr entspannte Zeit. Ich bin ich nicht dauernd angerufen worden. Es hat nicht jederzeit immer jemand etwas von mir haben wollen.“ Und das kann auch dazu führen, dass man dann einfach weniger Juckreiz hat, weil auch der Stress weniger geworden ist.
Und Juckreiz und Stress hängen sehr eng zusammen. Da gibts eine ganze Reihe von Untersuchungen. Wir verstehen noch nicht alles in der Pathogenese. Aber da gibt es sehr viele Untersuchungen, dass auch hier Entzündungsfaktoren eine große Rolle bei der Entstehung von Juckreiz spielen, gerade bei der Psoriasis. Und Stress ist ja ein Faktor, der auch bei der Psoriasis einen ganz großen Einfluss hat. Wenn man den so wegnimmt oder wegbekommt, dann hat man auch hier eine Besserung oder wird noch eine Besserung bemerken.
[33:21]
Fr. Dr. med. Herscovici
Sie haben mir jetzt die zweite Frage vorweggenommen, weil das war ein Patient, der genau das Gegenteil, also genau das beobachtet hat, was Sie jetzt beschrieben haben, nämlich dass im Homeoffice der Juckreiz abgenommen hat und wo jetzt die Sorge ist: Was kann man tun, um, auch wenn man dann wieder im Büro arbeitet, diesen Juckreiz nicht plötzlich zu verstärken.
[31:45]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Wenn ich das jetzt so generell sagen könnte, dann würde ich sehr viel Geld verdienen, da könnte ich jetzt einen Leitfaden schreiben. Aber leider ist es sehr individuell, und es hängt von den verschiedenen Faktoren, die natürlich die Menschen stressen, auch ab. Da kann man nur probieren. Vielleicht kann man hier das eine oder andere ändern oder sich überlegen, wie man gewisse Situationen vielleicht vermeiden kann. Das ist eine Empfehlung, sich zu überlegen, was war denn der Faktor, der mich sehr gestresst hat in der normalen Zeit? Und was war besser im Homeoffice oder wo liegen vielleicht die Punkte, die mir weniger Stress gemacht haben. Und wenn man das einbauen kann, wie gesagt, wenn man es kann, es gibt ja auch äußerliche Faktoren, die man nicht ändern kann dann am Arbeitsplatz, dann ist das vielleicht eine Möglichkeit, Stress auch in der Zukunft und Juckreiz vermeiden zu können.
[34:35]
Fr. Dr. med. Herscovici
Das ist jetzt eine sehr schöne Überleitung zum nächsten Block, nämlich Reha. Und da haben wir auch Fragen dazu bekommen.
Durch die Reisebeschränkungen sind manche internationalen Reha-Ziele jetzt nicht möglich. Gibt es schon Informationen, wie sich die Situation entwickelt, ob man schon wieder ins Ausland fahren kann oder wann man wieder z.B. ans Meer fahren kann? Da hat auch jemand gefragt: „Ich habe da eine Reha mehr zur Linderung meiner Symptome geplant. Kann ich diese antreten?“ Weiß man da schon etwas genaueres?
[35:17]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also da muss man sagen, sollte man sich auch an das, was die Bundesregierung bezüglich das Außenministerium für Reisen empfiehlt, das kann man auf der Homepage des Bundesministeriums ja sehr gut nachlesen. In Gebiete, in denen nach wie vor sehr viel Corona-Infektion ist, würde ich jetzt nicht unbedingt fahren, also das wäre jetzt eher kontraproduktiv. Wie das jetzt mit Zielen außerhalb der Europäischen Union ausschaut, kann man noch nicht sagen. Da ist ja noch vieles eingeschränkt vom Flugverkehr und viele Destinationen, wie Israel oder Jordanien sind derzeit natürlich auch schwerer zu erreichen. Da muss man sagen, muss man abwarten und sehen, wie sich die Situation entwickelt. Das ist eine dynamische Situation. Das ist schwer jetzt von diesem Moment aus vorherzusagen. Wäre wirklich schön, wenn ich es könnte. Aber da muss ich leider passen. Über diese Fähigkeit verfüge ich nicht.
[36:15]
Fr. Dr. med. Herscovici
Leider. Wäre praktisch.
Es wird ja ohnehin oft auch eher empfohlen, heuer Urlaub im Inland zu machen. Und in diese Richtung geht die nächste Frage, nämlich: „Ist das Klima im Hochgebirge genauso gut wie Meeresklima, um meine Schuppenflechte zu lindern?“
[36:36]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also prinzipiell ja, das geht im Hochgebirge genauso gut wie am Meeresklima. Der Hauptfaktor ist ja, dass man praktisch, lassen Sie mich das jetzt salopp formulieren, von dem Stress, den man hat, herunterkommt. Und ob das jetzt am Meer ist oder jetzt im Hochgebirge, das kann an beiden Orten funktionieren. Wobei natürlich am Meer mehr dazukommt: Der Salzgehalt, den Sie am Meer haben, das ist doch auch etwas, was ja auch die Psoriasis lindert. Den habe ich natürlich im Hochgebirge nicht, den werde ich in den dortigen Gewässern nicht in dem Ausmaße anfinden. Da kann ich leider auch nichts dran ändern. Das bleibt, wie es ist.
[37:15]
Fr. Dr. med. Herscovici
„Gibt’s eigentlich Möglichkeiten des Meeresklima zu simulieren?“, wollte jemand wissen. Es gibt ja diese Salzgrotten und ähnliches.
[37:24]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Es ist eine gute Frage, aber da muss ich ganz offen sagen, ich kann es nicht beantworten. Ich wüsste jetzt selber nicht, wie gut das funktioniert und ob das wirklich so exakt funktioniert, wie es im Meer ist. Da bin ich jetzt leider nicht der Experte dafür.
[37:40]
Fr. Dr. med. Herscovici
Die letzten Monate haben ja gezeigt, dass es wichtig ist, dass Patienten auch selber wissen, was sie tun können, um unabhängig auch von Arztbesuchen positiv auf ihren Krankheitsverlauf einzuwirken. Was natürlich immer wichtig ist, aber in dem Fall waren zum Teil die Informationen ja auch abgeschnitten. Jetzt will jemand wissen: „Wie kann ich selbst positiv auf den Verlauf meiner Erkrankung einwirken?“ Und eine zweite Frage in diese Richtung: „Wegen meiner Gelenkschmerzen kann ich mich gerade nur schlecht bewegen. Wie kann ich trotzdem etwas für meine Gesundheit tun?“
[38:22]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also positiv einwirken, das ist natürlich so: Wenn man natürlich Stress vermindern kann, wir hatten das Thema ja heute schon, dann tue etwas sehr Gutes, wenn ich das abbauen kann, wenn ich ruhiger werde, wenn ich schaue, dass ich mir die Dinge organisierter machen mache.
Es kann natürlich auch für manche Patienten genau das Stress bedeuten, wenn ich das jetzt organisierter machen muss, weil wenn ich gewohnt bin, eher im Chaos zu leben, habe ich dort weniger Stress. Es ist durchaus eine Möglichkeit. Da muss man individuell schauen, was einem gut tut. Das wissen die Patienten aber meist intuitiv sehr, sehr gut. Also, das ist sicher ein wichtiger Punkt.
Es gibt ja auch Patienten, wo die Ernährung eine Rolle spielt. Das ist individuell ganz, ganz verschieden bei Patienten. Wir haben also keine Nahrungsmittel, wo ich sagen kann: „Die tun dem Patienten ganz schlecht“, und das kann ich nicht verallgemeinern. Aber wenn ich weiß, zum Beispiel ich vertrage etwas, oder wenn ich Chili esse z.B., dann wird es schlechter, und ich habe Patienten, bei denen das so ist, dann würde ich das meiden.
Das sind Dinge, die man selber tun kann und wie man die Erkrankung selber natürlich beeinflussen kann.
Es hängt natürlich davon auch ab, wie meine Einstellung zur Erkrankung ist, wie ich das sehe und wie ich das auch anlege selber, ob ich sage: „Das möchte ich, das will ich in den Griff bekommen“ oder ich sage: „Na ja, also es ist alles fürchterlich“, dann wird es mir auch nicht so leicht gelingen, das in den Griff zu bekommen.
Der zweite Punkt, den Sie angesprochen haben, wenn Sie Gelenksbeschwerden haben, das ist etwas, wo Sie ein Zusammenspiel natürlich, ein interdisziplinäres Zusammenspiel brauchen zwischen Dermatologen und Rheumatologen. Wir haben doch 20 bis 40 Patienten unserer Schuppenflechte-Patienten, die eine Arthritis, eine Gelenksentzündung haben. Da haben wir in den letzten Jahren viel gelernt. Und das haben wir auch so gemacht, dass wir jetzt in der Zeit, wenn Patienten von der Haut gut eingestellt werden, aber Gelenksbeschwerden gehabt haben, dass wir uns mit den Rheumatologen kurzgeschlossen haben, entweder geschaut haben, dass die Patienten beim Rheumatologen einen Termin bekommen und mit dem Rheumatologen selber das Problem klären können. Oder wir haben versucht, das interdisziplinär zu machen, dass wir das Problem besprochen haben und dann von unserer Seite den Patienten die abgestimmten Vorschläge unterbreitet haben.
Aber es ist ganz, ganz wichtig, hier zusammenzuarbeiten. Und es ist nicht immer ganz so klar für die Patienten, dass Haut und Gelenke was zu tun haben, weil man das nicht gelernt hat oder wenn einen niemand darauf hingewiesen hat, dann hat man natürlich auch eine Schwierigkeit, daran zu denken. Woher soll man es auch wissen? Und da, wie gesagt, ist Aufklärung ein wichtiger Punkt, aber auch die Zusammenarbeit mit den Rheumatologen, die uns hier sehr, sehr viel bringt und wo wir viel gelernt haben, dass uns die Zusammenarbeit hier in unserem Ziel, für den Patienten Optimales zu erreichen, sehr, sehr viel weiter bringt, als wenn wir das als Einzelkämpfer in den eigenen Disziplinen machen, sei es auf der Rheumatologie oder auf der Dermatologie.
[41:12]
Fr. Dr. med. Herscovici
Sie haben vorher schon die Telemedizin angesprochen. Durch Corona hat sich ja sehr vieles ins Internet verlagert, das ist eine ganz neue Bedeutung bekommen hat. Unter anderem funktioniert jetzt plötzlich auch in Österreich die Telemedizin. Oder ist es erlaubt worden, zumindest während der Corona-Zeit. Wie sehen Sie denn die Telemedizin oder die Rolle der Telemedizin in der Dermatologie? Wo sind die Grenzen? Wie funktioniert so eine telemedizinische Sprechstunde?
[41:45]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Wir haben eine eigene virtuelle Ambulanz. Wir haben uns mit dem Thema Telemedizin ja auch schon seit Jahren beschäftigt. Wir haben auch Studien dazu gemacht. Warum haben wir das gemacht? Wir haben in der Steiermark ja nur ein Zentrum, das ist das Universitätsklinikum in Graz. Das Bundesland ist allerdings relativ groß. Und wir haben jetzt natürlich Menschen z.B. weit in der Obersteiermark entfernt wohnen, die jetzt sich nicht so leicht tun, zu uns zu kommen, weil das wirklich dann 2-3 Stunden Anfahrtsweg bedeutet, Chemo, und dieselbe Zeit dann wieder zurück. Und dabei war immer eine der Ideen zu sagen: „Ok, wir schauen, wie können wir das machen, z.B. in der Psoriasis. Können wir Therapien auch hier monitorieren? Können wir schauen, ob das gut funktioniert, wenn der Patient es teledermatologisch macht?“
Das heißt, wir hatten ein bisschen Vorerfahrungen, und da waren wir schon ein bisschen zuversichtlich, dass das ganz gut funktionieren kann. Und das hat auch in der Krise sehr, sehr gut funktioniert. D.h. Patienten, die schon auf Therapie waren, die haben wir damit sehr gut monitorieren können. Da haben wir einen sehr guten Austausch gehabt. Das hat auch gut funktioniert.
Natürlich gehört auch eine gewisse Affinität der Patienten dazu, dass die das auch möchten. Es gibt natürlich Patienten, die sagen: „Das lehne ich ab, das möchte ich nicht.“ Da werde ich mich mit der Telemedizin auch schwertun. Es gibt auch Ärzte, die das tun, muss man auch fairerweise sagen. Also das ist ja nicht etwas, was nur einseitig ist. Aber interessanterweise auch viele ältere Patienten haben das inzwischen als Vorteil gesehen und sagen: „Ja, da muss ich nicht ins Krankenhaus kommen, da kann ich mich nicht anstecken. Das mache ich ganz gemütlich von zuhause. Ich rede mit meinem Arzt, ich schicke ihm das, und der schreibt mir das zurück, und dann habe ich eigentlich ein sehr gutes, bekomme ich ein sehr gutes Resultat.“
Und wie gesagt, das funktioniert gut bei Therapien, die laufen. Das funktioniert auch sehr, sehr gut, weil wir natürlich in der Dermatologie, das ist ein visuelles Fach. Wir können vieles sehen. Das kann man auch am Bild natürlich sehr gut sehen, und damit kann man auch einiges diagnostizieren.
Wichtig ist da natürlich die Bildqualität. Also ein verwackeltes und verwaschenes Handyfoto, da werde ich’s auch nicht schaffen, eine gute Diagnose zu stellen. Also das heißt ein bisschen ein Gespür, wie das Foto ausschauen sollte und was man drauf erkennen sollte, das braucht man auch. Das kann manches Mal schon eine Herausforderung sein. Gelingt auch mir nicht immer, ein gutes Foto zu machen. Vor allem nicht mit dem Handy. Also, da schließe ich das nicht aus. Dann muss ich es halt öfters probieren. Das sind, das sind wichtige Voraussetzungen.
Wo es natürlich ein Problem gibt, ist das, wenn ich jetzt hergehe und jetzt jemanden auf eine neue Therapie einstelle. Dann ist es mir schon sehr wichtig, mit dem Patienten das persönlich zu besprechen. Und da sind schon Grenzen, wo es uns aufgefallen ist: Da tun wir uns schwerer. Vor allem wenn es jetzt zum ersten Mal ist, dass man eine Therapie beginnt mit einem Biologicum z.B. Da fehlt uns, da ist das persönliche Gespräch nicht wirklich so zu ersetzen. Wenn man jetzt was umstellt und der Patient schon Vorerfahrungen hat, geht das dann schon um einiges leichter.
Was jetzt natürlich auch ein Punkt ist, den haben wir auch lernen müssen: Wenn man natürlich jetzt kommuniziert telemedizinisch, dann muss man auch einige Dinge berücksichtigen. Was fragt man? Man sieht ja auch, wenn man das jetzt so macht, wie wir es in einer Telefonkonferenz ist das ein bisschen verzögert, das heißt, oder auf einem kleinen Bild: Man kann nicht die Mimik genauso gut erkennen, wie man sie sonst gewohnt ist zu erkennen. Aber man muss beim Wording darauf achten: Man darf keine Fragen vergessen, die man unbedingt stellen muss. Also das heißt, man muss sich das schon auch überlegen, wie ich das jetzt mache.
Und natürlich auch auf der Gegenseite: Auch der Patient muss sich seine Fragen überlegen, die unbedingt braucht und sich vielleicht auch stellen will. Weil jedes medizinische Gespräch ist, auch im echten Leben, wenn wir also so zusammensitzen, eine Stresssituation für den Patienten. Es geht mir ja genauso. Auch wenn ich Patient bin, vergesse ich auch manches Mal Dinge zu fragen. Ich habe jetzt noch immer den Vorteil, dass ich ein über ein doch etwas größeres Wissen verfüge oder mir ein bisschen was zusammenreimen kann. Aber das macht es natürlich dann schon auch manchmal schwieriger. Das heißt, eine Vorbereitung auf das Gespräch von beiden Seiten ist da notwendig, um wirklich ein optimales Ergebnis zu erzielen.
Und da lernen wir auch jetzt noch einiges dazu. Aber Lernen ist lebenslang, und das wird uns weiterhin verfolgen. Es wird recht spannend werden, was wird noch sehen werden.
Ja, die zwei Fächer vielleicht, wo man sagen kann: „Telemedizin hat am meisten was gebracht“, das ist die Teledermatologie und Psychiatrie. Das sind vielleicht die Fächer, wo man mehr macht und wo das auch gut funktioniert. In anderen Fächern ist das vielleicht nicht ganz so einfach möglich. Da braucht man schon einen Patienten abhören zu können oder auch, um festzustellen, wenn ihm der Bauch weh tut, um das anzuschauen, da brauche ich schon jemanden vor Ort. Das gibt natürlich auch Limitierungen.
Sie haben die Fotos angesprochen, und dazu haben Sie eine Frage?
[46:28]
Fr. Dr. med. Herscovici
Genau. Sie haben ja gesagt, dass die Dermatologie ein sehr visuelles Fach ist und dass Sie auch sehr abhängig davon sind, dass die Fotos gut sind, die die Patienten Ihnen schicken. Was ist denn ein gutes Foto für einen Hautarzt? Ist das dann ein Foto, wo Details erkennbar sind? Ist es ein Foto, das also vorausgesetzt, es ist scharf, aber muss man da eher einen Überblick Ihnen schicken, oder was brauchen Sie als Hautarzt, um dieses Foto auch wirklich verwenden zu können?
[47:00]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also im Grunde genommen ist es nicht ein Foto, sondern es sind meistens mehrere Fotos. Und wir haben ja auch bei unserer virtuellen Ambulanz so, dass Sie bis zu 4 Bilder hochladen können. Ich brauche ein Übersichtsfoto, um mal zu sehen, wie schaut das Ganze aus. Und dann brauche ich ein Foto, das mir auch ein bisschen mehr Details gibt. Weil wenn alles nur ganz klein ist, dann sehe ich zwar: „Ja, das ist ein Heilungsmuster“, was für mich als Dermatologe ja wichtig ist.
Aber ich brauch dann auch: Wie schaut die einzelne Läsion aus? Und da sollte natürlich das schon so sein, wie ich es gesagt habe: Ein Foto, das einigermaßen scharf ist und das dann auch im Zentrum ist und nicht ganz am Rand. Das ist ein Vorteil für mich. Ansonsten muss ich halt darum bitten, wir einmal ein Foto zu schicken. Haben wir auch gemacht. Hat dann so geklappt, wie wir es gebraucht haben. Also das ist schon möglich. Mit den heutigen, mit der moderneren Handykameras ist das eigentlich auch ganz gut möglich. Die machen da das Fotografieren ja teilweise sehr, sehr einfach. Solange man den Abstand einigermaßen richtig einhält, braucht man da gar nicht so viel können und braucht nicht so große fotografische Vorkenntnisse, wie man das in der analogen Fotozeit gebraucht hat.
[48:14]
Fr. Dr. med. Herscovici
Es sind ja jetzt nicht alle Patienten technikaffin. Was braucht man denn, um eine telemedizinische Sprechstunde in Anspruch nehmen zu können? Genügt das Handy, braucht man einen Computer, braucht man eine spezielle Software? Wie funktioniert das jetzt vom Ablauf her? Für diejenigen, die vielleicht nicht so technikbewandert sind und sich mal ein Bild machen wollen.
[48:38]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also prinzipiell haben wir eine App, das ist die virtuelle Ambulanz. Und was Sie brauchen: Es reicht ein Handy. Es wird ein Tablet reichen, es kann ein Computer sein. Sie müssen nur auf die Homepage gehen, diese Ambulanz abrufen, sich dann einen Account, also einen Zugang anlegen. Und dann können Sie eigentlich schon loslegen. Das können Sie am Handy genauso machen. Ich habe auch mal einige Anfragen am Handy erledigt und habe das ins Handy eingetippt. Ich bin nicht immer vorm Computer gesessen.
Was halt da natürlich ein Punkt ist: Wenn ich Bilder aufnehme und wenn ich jetzt Bildersätze schicke, dann sollte eine gewisse Auflösung der Kamera da sein. Also das heißt, ein ganz altes Handy mit einer uralten Kamera, und ich habe auch lange ein Handy gehabt, das ich sehr gerne gehabt habe. Ich habe es über 10 Jahre gehabt, nur die Kamera war alles andere als gut. Das ist natürlich vielleicht dann nicht ganz die optimale Variante. Es ist mir leider jetzt dann eingegangen. Ich musste jetzt ein neues kaufen. Da merkt man dann schon, dass ein Unterschied da ist. Aber, wenn es jetzt nur geht, wenn man jetzt etwas schicken möchte, wenn man jetzt kein Foto hochlädt, dann reicht auch ein ganz normales altes Handy, und damit kann man auch einiges machen. Also hier braucht man nicht toptechnische Voraussetzungen, um gut kommunizieren zu können.
[49:55]
Fr. Dr. med. Herscovici
Können sich Patienten eigentlich eine telemedizinische Sprechstunde wünschen? Oder entscheidet das der Arzt oder das Krankenhaus? Und wie würden Sie jetzt im Augenblick eher empfehlen, persönliche Gespräche oder eine telemedizinische Sprechstunde in Anspruch zu nehmen?
[50:15]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also, das hängt jetzt ganz natürlich individuell davon ab. In der Corona-Krise war es so, dass wir das angeboten haben, und es auch kostenlos angeboten haben. Und das hat sehr, sehr gut funktioniert und wurde auch sehr gut angenommen.
Wenn jetzt natürlich jemand ein Hochrisikopatient ist und sich das Problem telemedizinisch nicht lösen lässt, das kann man sich ja auch anschauen. Wenn man miteinander kommuniziert, sieht man ja: „Kann ich das machen oder kann ich das nicht machen?“ Wenn ich sehe, das geht gut, dann ist das überhaupt kein Problem. Dann würde ich auch empfehlen, dass man das telemedizinisch macht. Derzeit wird es eben noch angeboten, sollte auch weiter so bleiben. Aber schauen wir mal, ob wir nicht selber in alte Muster zurückfallen.
Für gewisse Punkte, für das Besprechen von Therapien, von Therapieänderungen, von sehr großen Entscheidungen, die eine große Tragweite hat, glaube ich schon noch, dass das persönliche Gespräch ein ganz wichtiger Punkt ist. Und das wird sich telemedizinisch nicht ganz so leicht umsetzen lassen, weil da fühle ich mich auch wohl, das sage ich ganz offen, wenn ich das mit dem Patienten face to face, also von Angesicht zu Angesicht besprechen kann und umgekehrt auch. Also das ist schon das Feedback, das ich habe.
Wie gesagt, wenn ich ein Follow-up habe, wenn ich Patienten in der Nachfolge gesehen habe, das funktioniert sehr, sehr gut. Und das ist auch für beide Parteien so, dass man sagen kann, das ist ein optimales Ergebnis, da können wir gut damit leben.
[51:35]
Fr. Dr. med. Herscovici
Jetzt wollte jemand auch wissen, ob Physio- und Ergotherapie telemedizinisch durchgeführt werden.
[51:44]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Da muss ich sagen, das sind jetzt natürlich zwei Dinge, die jetzt nicht ganz in meinem Bereich liegen. Ich könnte mir vorstellen, dass das machbar ist. Naja, man kann auch auch, Sie wissen: Wir hatten früher auch das Turnen, die Ilse Buck hat uns ja auch wieder ein bisschen verfolgt. Die kenne ich noch aus meiner Kindheit. Sie ist dann im Radio auch wieder aufgetreten. Man könnte das natürlich auch bei der Physiotherapie die Übungen machen. Man kann das natürlich schon auch über einen Computer machen, dass man etwas vormacht und daheim nachmacht. Was aber natürlich das Problem ist, wenn man das jetzt nicht ganz richtig macht oder wenn es Hilfestellungen braucht, wenn wie man das ganz richtig macht, das kann man natürlich auf die Art und Weise nicht so machen, weil durch das Handy bzw. durch das Tablet herübergreifen und sagen: „Nein, bitte den Arm so halten oder das Bein so halten“, das geht leider nicht. Noch nicht. Wer weiß, was noch alles möglich ist.
[52:35]
Fr. Dr. med. Herscovici
Sie haben vorhin angesprochen, dass Sie schätzen, dass es noch die nächsten Monate dauern wird, bis wir wieder halbwegs zu Verhältnissen kommen wie vor Corona. Ist Ihre Einschätzung, dass es dann zu einer Normalisierung im Gesundheitsbereich wieder kommt? Oder rechnen Sie mit einer zweiten Welle? Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Werden wir im Herbst wieder ganz normal so leben können, wie wir es vor Corona gemacht haben?
[53:10]
Priv.-Doz. Dr. med. Weger
Also, ich will es mal so sagen: Wenn man da ganz sicher sein will, dann werden wir wahrscheinlich so leben können wie vor Corona, wenn es eine Impfung gibt. In dem Moment wird es wirklich eine Rückkehr zur Normalität geben, und wenn sich auch viele Menschen impfen lassen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil wenn sich nur 10 Prozent impfen lassen, dann sind wir eigentlich dort, wo wir auch jetzt schon sind. Dann wird es so sein, dass es wieder so normal wird, wie wir es kennen.
Dieses Jahr, glaube ich, wird es schon noch immer Einschränkungen geben. Das wird wahrscheinlich nicht ganz so schnell jetzt weggehen, und die Gefahr einer zweiten Welle: Ja, die besteht. Aber ob sie kommt oder nicht kommt, da werde ich auch über hellseherische Kräfte verfügen müssen, um das vorherzusagen.
Das Wichtigste ist: Man sollte nach wie vor viele der Maßnahmen, die sinnvoll sind, da komme ich wieder auf die alten Themen, die schon strapaziert sind und die man auch selber schon manches Mal vielleicht nicht mehr ganz hören kann, aber da gehört halt Händehygiene, da gehört Abstandhalten, das gehört halt schon zu den Dingen, die wichtig sind. Und damit kann man das auch durchaus brechen. Man hat ja auch gesehen, dass das erfolgreich passiert ist, zumindest vom medizinischen Standpunkt erfolgreich passiert ist.
Rundherum gibt es natürlich schon Kollateralschäden, die wir ja auch alle spüren.
[54:35]
Fr. Dr. med. Herscovici
Ja, dann hoffen wir, dass es zu keiner zweiten Welle kommt und dass wir im Herbst wieder ein Stück mehr Normalität haben als derzeit.
Vielen herzlichen Dank für die Beantwortung der vielen Fragen und dass Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Dozent Weger.
Vielen Dank auch an Sie zuhause, dass Sie dabei waren und dass Sie uns auch die vielen Fragen geschickt haben.
Die Sprechstunde wurde auch aufgezeichnet. Das heißt, Sie können sie auch nochmal anhören auf selpers.com. Da finden Sie auch verschiedenste andere Kurse, Online-Kurse, kostenlos zu chronischen Erkrankungen und auch zur Lebensqualität bei chronischen Erkrankungen.
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Und dann wünsche ich Ihnen alles Gute. Passen Sie gut auf sich auf und kommen Sie gut durch diese bewegten Zeiten.
Auf Wiedersehen.
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